Geschäftslokal: Baulärm kann nach den Umständen des Einzelfalls einen Mangel darstellen
OLG Frankfurt a.M. 11.2.2015, 2 U 174/14Die Klägerin hatte im März 2013 an die Beklagten ein Geschäftslokal vermietet. Im Juni 2013 wurde in der Nähe des Lokals eine Baustelle eingerichtet. In dem Straßenbereich vor dem Ladengeschäft der Beklagten wurden Container für die Bauunternehmen sowie Beton-Stahlkonstruktionen zur Stromversorgung eingerichtet. Bedingt durch die Baustelle wurde dieser Bereich durch die beteiligten Baufahrzeuge und Lkw angefahren. Die Beklagten minderten infolgedessen die Miete vom um monatlich 30 %. Es kam zu diversem Schriftwechsel der Parteien.
Ende Februar 2014 erklärte die Klägerin gegenüber den Beklagten, dass sie das Mietverhältnis wegen eines Zahlungsrückstands von insgesamt 3.332 € fristlos kündige. Die Beklagten beanstandeten weiterhin die Situation des Geschäftslokals. Insbesondere machten sie Schadenersatzansprüche geltend, die sie mit den Ansprüchen der Klägerin auf Mietzinszahlungen verrechnen wollten. Seit Juli 2014 leisten die Beklagten keine Zahlungen mehr an die Klägerin. Die Klägerin erklärte im Juni 2014 nochmals wegen eines Zahlungsrückstandes i.H.v. 10.427 € die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
Das LG verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner, die von ihnen innegehaltenen Gewerberäume zu räumen und an die Klägerin nebst Schlüsseln herauszugeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der Klägerin stand gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe an sie gem. § 546 Abs. 1, § 421 BGB zu. Das Mietverhältnis zwischen den Parteien war beendet worden.
Zwar war die Miete aufgrund der durch die Baucontainer und den Baustellenbetrieb in dem Bereich der Straße vor dem Mietobjekt verursachten Beeinträchtigungen gem. § 536 BGB zu mindern. Beeinträchtigungen, die im Zusammenhang mit einer Großbaustelle eintreten, können auch im Innenstadtbereich einer Großstadt nach den Umständen des Einzelfalls einen Mangel eines benachbarten gewerblichen Mietobjekts begründen. Das Aufstellen zahlreicher Baucontainer und weiterer Baustelleneinrichtungen auf einem Parkplatzbereich sowie das Anfahren von Lkw und Baufahrenzeugen auf der in unmittelbarer Nähe zu einer Großbaustelle gelegenen kleinen Nebenstraße können insbesondere dann einen Mangel eines benachbarten gewerblichen Mietobjekts begründen, wenn das darin vertragsgemäß betriebene Geschäft in besonderem Maße auf Laufkundschaft angewiesen ist.
Die Minderung trat hier aber nur i.H.v. 15 % des Mietzinses und somit 204 € ein, so dass die Beklagten jeweils zur Zahlung von 85 % des vertraglich vereinbarten Mietzinses, mithin 1.159 € verpflichtet blieben. Für allein diese vier Monate hätten die Beklagten demzufolge 4.639,14 € zahlen müssen. Dies entsprach insgesamt 3,4 Monatsmieten. Grundsätzlich muss jeder Anlieger einer Straße insbesondere im Innenstadtbereich mit gewissen Beeinträchtigungen aufgrund üblicher Bautätigkeiten oder des Vorhandenseins einer Baustelle einschließlich ihrer Einrichtung rechnen und diese hinnehmen, wenn diese sich - wie hier - innerhalb der in Innenstadtlagen üblichen Grenzen halten.
Unter Abwägung sämtlicher genannter Umstände erschien eine Minderung des Mietzinses um 15 % als angemessen, erforderlich, aber auch ausreichend, um die Beeinträchtigungen auszugleichen. Dabei konnten und mussten nicht alle etwaigen Umsatzeinbußen der Beklagten ausgeglichen werden, da die Minderung des Mietwerts, für die die Klägerin verantwortlich war, nicht mit dem Wert eines Umsatzrückgangs gleichzusetzen war. Schließlich fällt das Verwendungs- und Ertragsrisiko des Geschäftsbetriebs grundsätzlich in den Risikobereich des Mieters, der nicht in vollem Umfang auf den Vermieter abgewälzt werden kann. Die Mietzinsansprüche der Klägerin waren auch nicht infolge der seitens der Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnung mit behaupteten Gegenansprüchen ganz oder teilweise erloschen. Eine Aufrechnung war unzulässig da die zur Aufrechnung gestellten Forderungen weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt noch entscheidungsreif waren. Die Beklagten hatten ihre angeblichen Ansprüche nicht substantiiert dargelegt.
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