27.02.2020

Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns I

Bringt eine natürliche Person ihren gesamten Anteil an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft (hier: Aktiengesellschaft) zum Buchwert ein und veräußert der Einbringende oder sein Erbe einen Teil der erhaltenen Anteile (hier: Aktien) innerhalb der Sperrfrist, so unterliegt der hierdurch ausgelöste Einbringungsgewinn I nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.

Kurzbesprechung
BFH v. 11.07.2019 - I R 26/18

UmwStG 2006 § 22 Abs. 1
GewStG § 7 Satz 1 und 2


Gemäß § 7 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Hinzurechnungen und Kürzungen. Dieser Gewinn ist um solche Bestandteile zu bereinigen, die nicht mit dem Zweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen. Zu diesen - herauszurechnenden - Bestandteilen gehören Gewinne, die nicht dem laufenden Betrieb, sondern dessen Aufgabe oder Veräußerung zuzuordnen sind.

Aus dem Fiskalzweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer folgt, dass Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs bei einem Einzelgewerbetreibenden oder einer Personengesellschaft - nicht aber bei einer Kapitalgesellschaft - bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auszuscheiden sind, wenn damit die endgültige Einstellung der gewerblichen Betätigung verbunden ist. Lediglich soweit der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft, eines Mitunternehmeranteils und des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer entfällt, gehört er zum Gewerbeertrag (§ 7 Satz 2 GewStG).

Soweit in den Fällen einer Sacheinlage unter dem gemeinen Wert (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006) der Einbringende die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt veräußert, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden i.S. von § 16 EStG zu versteuern (EBG I); § 16 Abs. 4 und § 34 EStG sind nicht anzuwenden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006).

Bei einem Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft i.S. des § 190 UmwG gelten die §§ 20 bis 23 UmwStG 2006 entsprechend. Diese in § 25 Satz 1 UmwStG 2006 getroffene Anordnung des Gesetzgebers zeigt, dass er den Formwechsel wie eine Sacheinlage (sämtlicher) Anteile an der Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile an dieser Kapitalgesellschaft behandelt wissen will. Eine spätere Veräußerung der im Rahmen des Formwechsels erhaltenen Kapitalgesellschaftsanteile kann demnach gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG 2006 einen EBG I auslösen.

Bei Anwendung dieser gesetzlichen Vorgaben war der im Streitfall entstandene EBG I nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Im Streitfall hatte die im Jahr 2015 vollzogene Aktienübertragung einen rückwirkend zu besteuernden EBG I i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 ausgelöst. Die Aktienübertragung stellte eine Veräußerung i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 innerhalb der Sperrfrist dar.

Der BFH folgt mit seiner Rechtsauffassung der ganz herrschenden Meinung. Für die Ansicht, den EBG I nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen, spricht bereits der Wortlaut und der systematische Zusammenhang des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006. Die Vorschrift ordnet als Folge davon, dass mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) auch die früheren Sonderbestimmungen zur Besteuerung einbringungsgeborener Anteile abgelöst wurden, die rückwirkende Erhöhung des durch die Einbringung erzielten Gewinns an. Dies legt es nahe, dass dieser Gewinn (EBG I) auch gewerbesteuerrechtlich den Rechtsregeln unterworfen ist, die für eine Gewinnrealisierung im Zeitpunkt der Einbringung zum Tragen gekommen wären. Hierfür spricht auch, dass abweichend von anderen Regelungsbereichen des Umwandlungssteuergesetzes (s. z.B. §§ 18, 23 Abs. 5 UmwStG 2006) der Gesetzgeber für die gewerbesteuerrechtliche Behandlung des EBG I keine sondergesetzliche Anweisung getroffen hat.

Dass hiernach der EBG I im Streitfall, d.h. mit Rücksicht auf die ursprüngliche Beteiligung einer natürlichen Person an der gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft, nicht der Gewerbesteuer unterlag, weil die Einbringung des gesamten Mitunternehmeranteils auch bei Ansatz des gemeinen Werts keine Gewerbesteuer ausgelöst hätte, entspricht des Weiteren Sinn und Zweck des Umwandlungssteuergesetzes.
 
Verlag Dr. Otto Schmidt
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