22.06.2017

Gewinnermittlung nach der Tonnage (§ 5a EStG)

Unmittelbar mit dem Einsatz oder der Vercharterung eines Handelsschiffs zusammen-hängende Neben- und Hilfsgeschäfte i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG setzen einen besonders engen Zusammenhang voraus. Der BFH hat nun entschieden, dass Kapitalanlagen jedenfalls in der Investitionsphase eines Schiffsbetriebs keine Hilfsgeschäfte darstellen, die unmittelbar mit dem Einsatz oder der Vercharterung des (ersten) Schiffs zusammenhängen.

Kurzbesprechung
BFH v.13.4.2017 - IV R 14/14

EStG § 5a

Im Streitfall machte die Steuerpflichtige geltend, Zinsen resultierten aus Hilfsgeschäften ihres Betriebs von Handelsschiffen im internationalen Verkehr und unterfielen daher der Abgeltungswirkung des § 5a Abs. 1 EStG. Dementsprechend sei neben dem nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelten laufenden Gewinn im Streitfall kein nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermittelnder laufender Gewinn mehr festzustellen.

Der BFH entschied jedoch, dass die Zinseinnahmen nicht von der Abgeltungswirkung des § 5a Abs. 1 EStG erfasst wurden, da sie weder direkt auf den Betrieb eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr entfielen noch die zugrunde liegenden Kapitalanlagen als Neben- oder Hilfsgeschäft unmittelbar mit dem Einsatz eines solchen Schiffs oder seiner Vercharterung zusammenhingen.

Die Erzielung von Zinseinnahmen war nicht Gegenstand des Unternehmens, so dass eine Einbeziehung in den Tonnagegewinn nur als Hilfs- oder Nebengeschäft i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG in Betracht kommen konnte. Nebengeschäfte sind solche Geschäfte, die nicht den eigentlichen Zweck der unternehmerischen Betätigung ausmachen und sich auch nicht notwendig aus dem eigentlichen Geschäftsbetrieb ergeben, aber in seiner Folge vorkommen und nebenbei mit erledigt werden. Hilfsgeschäfte sind solche Geschäfte, die der Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringt und die die Aufnahme, Fortführung und Abwicklung der Haupttätigkeit erst ermöglichen. Während Nebengeschäfte regelmäßig bei Gelegenheit des Hauptgeschäfts, also zeitlich neben diesem vorkommen, ist es für Hilfsgeschäfte, die in einer funktionalen Beziehung zum Hauptgeschäft stehen, typisch, dass sie dem Hauptgeschäft auch zeitlich vorgehen können.

Sowohl Hilfs- als auch Nebengeschäfte gehören nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG aber nur dann zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, wenn sie unmittelbar mit deren Einsatz oder Vercharterung zusammenhängen. Geschäfte, die darauf gerichtet sind, Einkünfte zu erzielen, um diese für eine andere, auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit zu verwenden, stellen grundsätzlich keine Vorbereitungshandlung für eine andere, sondern eine eigene, auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Tätigkeit dar. Bei derartigen Geschäften handelt es sich im Anwendungsbereich des § 5a EStG jedoch regelmäßig nicht um unmittelbar mit dem Einsatz bzw. der Vercharterung eines Schiffs zusammenhängende Hilfsgeschäfte. Dementsprechend stellt z.B. die Veräußerung eines Schiffs mit dem Ziel, aus dem Erlös erst das i.S. des § 5a EStG betriebene Schiff zu erwerben, kein Hilfsgeschäft nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG dar.

Im Streitfall fehlte es am erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Kapitalanlage und dem Einsatz bzw. der Vercharterung des Schiffs der Steuerpflichtigen. denn die streitigen Zinsen resultierten aus einer Kapitalanlage in sog. Callgeld. Dem liegt eine eigenständige Anlageentscheidung der Steuerpflichtigen zugrunde, die jedenfalls im Vorfeld des eigentlichen Schiffsbetriebs, der frühestens mit der Inbetriebnahme des (ersten) Schiffs beginnt, in keinem besonders engen Zusammenhang mit dem Einsatz oder der Vercharterung eines Handelsschiffs stand.
Verlag Dr. Otto Schmidt