27.06.2016

Grundbuch: Auslegung einer Vollmacht

Zum Nachweis der Eintragungsbewilligung gem. § 19 GBO gehört auch der in der Form des § 29 GBO zu erbringende Nachweis, dass die Rechtsmacht des Grundschuldgläubigers durch die zwischen diesem und dem Verkäufer getroffene (erste) Sicherungsabrede beschränkt wird und deren Zustandekommen gesichert ist, obwohl der Grundpfandgläubiger regelmäßig an den kaufvertraglichen Regelungen nicht beteiligt ist. In der Rechtsliteratur wird einhellig angeraten, die vertraglichen Beschränkungen zum Schutz des Verkäufers ausdrücklich in die Grundschuldbestellungsurkunde aufzunehmen.

BGH 21.4.2016, V ZB 13/15
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) hatte im April 2014 der Beteiligten zu 2) ein Grundstück verkauft. Der notarielle Kaufvertrags sah die Mitwirkung der Verkäuferin an der Finanzierung des Kaufpreises vor, wobei das Grundstück mit Grundpfandrechten bis zu dem Kaufpreis zzgl. bis zu 20 % Zinsen sowie einer einmalig fälligen Nebenleistung von 10 % belastet und der sofortigen Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer unterworfen werden darf. Ferner wurde geregelt, dass die Sicherheiten ausschließlich der Finanzierung des Kaufpreises und der Abwicklung des Vertrags dienen; die den Grundpfandrechten zugrunde liegenden Valutierungsansprüche wurden an die Verkäuferin abgetreten und die aus den Sicherheiten Berechtigten unwiderruflich angewiesen, nur nach Maßgabe des Vertrags auszuzahlen. Letztlich wurde jedem Käufer einzeln Vollmacht erteilt, alle Beteiligten zu vertreten, und zwar "bei der Bestellung von Grundpfandrechten zur Finanzierung des Kaufpreises nach Maßgabe der vereinbarten Kaufpreisfinanzierung".

Unter Vorlage einer Grundschuldbestellungsurkunde, mit der die Käufer zugleich als Vertreter der Verkäuferin eine Buchgrundschuld über 157.000 € nebst 11 % Zinsen zugunsten einer Sparkasse "im Rahmen und gemäß Vollmacht vom 7.4.2014, UR.-Nr. (...)" bestellen, hat der Notar die Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch beantragt. Das Grundbuchamt wies den Eintragungsantrag allerdings zurück, weil die Vollmacht der für die Verkäuferin handelnden Käufer nicht nachgewiesen sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) blieb ebenso erfolglos wie die Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Die Gründe:
Der Rechtspfleger hatte die Grundschuld mit dem vorgelegten Inhalt zu Recht nicht als eintragungsfähig angesehen.

Zum Nachweis der Eintragungsbewilligung gem. § 19 GBO gehört auch der in der Form des § 29 GBO zu erbringende Nachweis, dass die Rechtsmacht des Grundschuldgläubigers durch die zwischen diesem und dem Verkäufer getroffene (erste) Sicherungsabrede beschränkt wird und deren Zustandekommen gesichert ist, obwohl der Grundpfandgläubiger regelmäßig - und auch hier - an den kaufvertraglichen Regelungen nicht beteiligt ist.

In der Rechtsliteratur wird einhellig angeraten, die vertraglichen Beschränkungen zum Schutz des Verkäufers ausdrücklich in die Grundschuldbestellungsurkunde aufzunehmen. Hierin liege ein an den Grundpfandgläubiger gerichtetes Angebot des (durch die Käufer vertretenen) Verkäufers auf Abschluss einer Sicherungsabrede nach den vereinbarten Vorgaben. Der Grundpfandgläubiger könne die zugleich angebotene dingliche Einigung nur erklären, wenn er auch das Angebot auf Abschluss der Sicherungsvereinbarung annehme. Lediglich in formaler Hinsicht unterscheidet sich hiervon der Vorschlag, das Angebot auf Abschluss der Sicherungsabrede als Anlage in die notarielle Grundschuldbestellungsurkunde aufzunehmen, und noch vor Einreichung des Eintragungsantrags durch die Bank bestätigen zu lassen, dass sie die Anlage zur Kenntnis genommen hat und entsprechend verfahren wird.

Hier ist der beurkundende Notar diesen Empfehlungen nicht gefolgt. Er hat sich darauf beschränkt, in den Eingang der Grundschuldbestellungsurkunde aufzunehmen, dass die Käufer "im Rahmen und gemäß der Vollmacht vom 7.4.2014 (...) des amtierenden Notars" handelten. Dies hatte das Beschwerdegericht zu Recht nicht als ausreichenden Nachweis der Vollmacht angesehen. Materiell-rechtlich gesehen kommt allerdings in Betracht, dass die erforderliche Sicherungsabrede zwischen dem Verkäufer und dem Grundschuldgläubiger konkludent zustande kommt. Dies kann anzunehmen sein, wenn für den Grundschuldgläubiger erkennbar ist, dass sich die Mitwirkung des Verkäufers auf die Finanzierung beschränkt, etwa weil der Käufer ihm gegenüber erklärt, die Grundschuld aufgrund einer Belastungsvollmacht zu bestellen. Daran gemessen konnte zwar die hier erfolgte Erklärung der Käufer, im Rahmen der Belastungsvollmacht zu handeln, als konkludentes Angebot auf Abschluss einer solchen Sicherungsabrede zu verstehen sein. Ein ausreichender Nachweis des Angebots in der Form des § 29 GBO war dies aber nicht.

Hierfür bedarf es einer materiell-rechtlichen Prüfung, die nicht dem Grundbuchamt obliegt. Als Nachweis genügt die Grundschuldbestellungsurkunde deshalb nur dann, wenn aus dieser selbst (oder aus ihren notariell beglaubigten Anlagen) zweifelsfrei ein Angebot auf Abschluss der erforderlichen Sicherungsabrede zwischen Verkäufer und Grundpfandgläubiger hervorgeht. Hierfür ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die auf die Belastung bezogenen vertraglichen Einschränkungen in der Grundschuldbestellungsurkunde (bzw. den Anlagen) deutlich werden.

Hier hätte die Urkunde enthalten müssen, dass die Grundschuld ausschließlich für die Finanzierung des Kaufpreises und die Vertragsabwicklung verwendet werden darf, und dass der Grundpfandgläubiger unwiderruflich angewiesen wird, die Auszahlung nur nach Maßgabe des Kaufvertrags vorzunehmen. Auch die Abtretung der Valutierungsansprüche hätte - wie bereits das Grundbuchamt zutreffend ausgeführt hatte - offengelegt werden müssen. Zwar vollzieht sich die Abtretung als solche im Verhältnis der Kaufvertragsparteien. Aus dem Zusammenhang mit der Auszahlungsanweisung ergibt sich aber, dass sie der Grundpfandgläubigerin angezeigt werden muss. Ob einer solchen Abtretung ein etwaiges formularvertragliches Abtretungsverbot entgegenstehen kann, müsste nicht das Grundbuchamt prüfen.

Gehen die vertraglich vereinbarten Einschränkungen der Vollmacht aus der Grundschuldbestellungsurkunde (bzw. deren Anlagen) hervor, darf das Grundbuchamt davon ausgehen, dass eine dem Kaufvertrag entsprechende Sicherungsabrede zustande kommen wird. Es ist nicht erforderlich, dass ihm auch die Annahmeerklärung des Grundpfandgläubigers in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wird. Praktisch gesehen wird der Grundpfandgläubiger nämlich stets Kenntnis von der Grundschuldbestellungsurkunde erlangen. Hier ergibt sich dies sogar ausdrücklich daraus, dass der Notar beauftragt wird, der Gläubigerin sofort eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde zu erteilen. Aber auch ohne eine solche Regelung muss das Grundbuchamt von dem praktischen Normalfall ausgehen, in dem der Gläubiger die Urkunde erhält. Ausdrücklich annehmen muss er das Angebot nicht; die Annahme erfolgt entweder unter den Voraussetzungen von § 362 HGB durch Schweigen oder gem. § 151 S. 1 BGB ohne ausdrückliche Erklärung. Dass die vollständige Vorlage der notariell beglaubigten Sicherungsabrede ebenfalls zum Nachweis geeignet wäre, versteht sich von selbst.

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