12.11.2012

Grundstückskaufvertrag: Beteiligung öffentlicher Verwaltungsträger ändert nichts an privatrechtlicher Natur des Vertrages

Die Tatsache, dass bei einem Grundstückskaufvertrag auf beiden Seiten Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt sind und der Verkäufer mit der Gewährung eines Preisnachlasses einen öffentlichen Zweck verfolgt, ändert nichts an der privatrechtlichen Natur des Vertrages. Die fiskalische Beschaffung der erforderlichen Mittel für die Aufgabenerfüllung vollzieht sich grundsätzlich nach den Regeln des Privatrechts.

BGH 19.9.2012, V ZB 86/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin - die Bundesrepublik Deutschland - hatte im Dezember 1994 dem beklagten Land ein Grundstück verkauft. Sie gewährte dabei einen Abschlag von 75%, der auf einem Erlass des BFM vom 26.3.1993 (VI A 1 VV 2400 1/93) beruhte. Dessen Intention ist es, sicherzustellen, dass die Länder und Gemeinden in den neuen Bundesländern eine angemessene Erstausstattung an Grundstücken für unmittelbare Verwaltungszwecke erhalten. Nach dem Erlass ist die zweckentsprechende Mittelverwendung durch vertragliche Abreden zu gewährleisten.

Dem entsprechend verpflichtete sich das beklagte Land, binnen eines Zeitraumes von drei Jahren mit der Errichtung eines Verwaltungszentrums bzw. einer Justizvollzugsanstalt auf dem erworbenen Grundstück zu beginnen und es nach Erstellung 15 Jahre lang für diesen Zweck zu nutzen. Für den Fall, dass das Land der Verpflichtung nicht nachkommen oder das Grundstück veräußern sollte, ist die Klägerin berechtigt, die Nachzahlung des Verbilligungsabschlages zu verlangen. Das beklagte Land zahlte den reduzierten Kaufpreis.

Die Klägerin war der Ansicht, dass die Zweckbindung des Kaufvertrages nicht eingehalten worden sei. Infolgedessen begehrte sie die Nachzahlung des Verbilligungsabschlages. Auf die Rüge des beklagten Landes stellte das LG vorab fest, dass der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet sei. Das OLG wies hiergegen gerichtete Beschwerde zurück. Auch die zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der das Land weiterhin die Verweisung des Rechtsstreits an das VG anstrebte, blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit ist eröffnet.

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Natur eines durch Vertrag begründeten Rechtsverhältnisses bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist. Der Schwerpunkt des hier zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages war dem Zivilrecht zuzuordnen. Der Vertrag war seinem wesentlichen Inhalt nach auf die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück der Klägerin gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises gerichtet und damit ein Grundstückskaufvertrag, der dem Zivilrecht zuzurechnen war.

An der privatrechtlichen Natur ändert sich auch dann nichts, wenn auf einer oder beiden Seiten - wie hier - Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt sind. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes erhält der Grundstückskaufvertrag dadurch, dass der erwerbende Verwaltungsträger - was regelmäßig der Fall sein wird - das Grundstück für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben nutzen will, nicht einen öffentlich-rechtlichen Charakter. Denn die fiskalische Beschaffung der erforderlichen Mittel für die Aufgabenerfüllung vollzieht sich grundsätzlich nach den Regeln des Privatrechts. Auch der Umstand, dass zu dem Grundstückskauf ein weiterer Regelungsgegenstand in Form des Verbilligungsabschlags hinzugetreten war, mit dessen Gewährung die Klägerin den öffentlichen Zweck verfolgte, dem beklagten Land zu einer angemessenen Ausstattung an Grundstücken für unmittelbare Verwaltungszwecke zu verhelfen, führte nicht dazu, dass der Grundstückskaufvertrag als öffentlich-rechtlich anzusehen wäre.

Die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in der Gestaltungsform des Privatrechts hat zwar zur Folge, dass die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert werden können. Solche, auch von den ordentlichen Gerichten zu berücksichtigende, öffentlich-rechtlichen Bindungen ändern aber nichts an der Rechtsnatur des von den Parteien geschlossenen Grundstückskaufvertrages als privatrechtlichem Vertrag.

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