14.09.2016

Haftung eines Bürgen wegen Schäden in einer Mietwohnung

Erforderlich ist nicht nur die Hingabe der Bürgschaftsurkunde, sondern auch die Annahme eines darin liegenden Angebotes auf Abschluss eines Bürgschaftsvertrages. Zwar kann der Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB entbehrlich sein; nicht aber die Annahme selbst. Die bloße Hinnahme der Urkunde und deren Behalten genügt insbesondere nicht als Betätigung des Annahmewillens.

AG Charlottenburg 26.10.2015, 213 C 104/15
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in Berlin. Im Jahr 2006 erwarb der Kläger Miteigentum an dem Mietobjekt. Die Klägerinnen erwarben im Juli 2011 ebenfalls Miteigentum. Der Beklagte ist der Vater einer früheren Mieterin dieser Wohnung. Er hatte vor Einzug seiner Tochter im Juli 2002 eine "Bürgschaftserklärung" unterzeichnet, in welcher sich der Beklagte selbstschuldnerisch unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage für alle finanziellen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis, spätere Erhöhungen der Miete, der Nebenkosten, der Kosten der Schönheitsreparaturen und der Rechtsverfolgungskosten sowie Verzugsschäden verpflichtete. Im Mietvertrag selbst wurde nur die Kaution als Mietsicherheit angegeben.

Im November 2010 ließ die Mieterin für 3.700 € die Wände, Decken, Fenster, Türen und Heizkörper der Wohnung streichen. Sie ist Raucherin und hielt in der Wohnung zwei Hunde. Das Mietverhältnis endete im April 2014. Die Mieterin strich zum Auszug die Wohnung mit "Schöner Wohnen Nikotinsperrfarbe". Dennoch ließen die Kläger die Tapeten, Sockelleisten und Dielen in der Wohnung entfernen und renovierten die Wohnung aufwendig.

Die Kläger behaupteten, die Wohnung habe bei Übergabe unerträglich nach Nikotin und undefinierbaren Tier bzw. Tierurin gerochen. Die Holz- und Pitchpine-Dielen seien vollständig mit Urin durchtränkt gewesen. Deshalb habe der gesamte Holzfußboden erneuert werden müssen. Die Mieterin sei ausschließlich und allein für den Geruchsschaden verantwortlich. Ferner behaupteten sie, weder die Kläger noch der Rechtsvorgänger hätten die Bürgschaftserklärung vom Beklagten gefordert, blanko gefertigt oder versandt. Da er die Bürgschaft dennoch abgegeben habe, sei er verpflichtet, an die Kläger als Gesamtgläubiger 21.881 € Schadensersatz zu zahlen.

Das AG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Den Klägern steht gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 21.881 € aus §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB jeweils i.V.m. §§ 765 Abs. 1, 767 BGB zu.

Es fehlte bereits ein wirksamer Bürgschaftsvertrag. Die Tatsache, dass die Bürgschaftsurkunde zu den Akten gelangt war, genügte nicht. Denn erforderlich ist nicht nur die Hingabe der Bürgschaftsurkunde, sondern auch die Annahme eines darin liegenden Angebotes auf Abschluss eines Bürgschaftsvertrages. Zwar kann der Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB entbehrlich sein; nicht aber die Annahme selbst. Die bloße Hinnahme der Urkunde und deren Behalten genügt insbesondere nicht als Betätigung des Annahmewillens. Letzteres würde nur dann genügen, wenn der Gläubiger zuvor eine Bürgschaft verlangt hatte; was die Kläger aber kategorisch ausgeschlossen hatten.

Zudem schied eine Inanspruchnahme des Beklagten aus, weil die geltend gemachten Ansprüche nicht von dem Bürgschaftsvertrag umfasst waren. Dadurch, dass im Jahr 2006 der Kläger nach § 566 BGB in die Vermieterstellung eingerückt war, entstand zwar als Vertragspartner des Mietvertrages eine GbR. Damit fehlte es aber ab diesem Zeitpunkt an der gesicherten Hauptschuld. Denn es kam nach dem für die Schlüssigkeit der Klage erforderlichen Vortrag der Kläger gerade nicht zu einem Übergang der Bürgschaft auf die Gesellschaft nach § 566a Abs. 1 BGB, da diese keine zusätzliche Mietsicherheit i.S.v. § 566a Abs. 1 BGB darstellte. Im Mietvertrag selbst wurde nur die Kaution angegeben. Geht die Bürgschaft nicht über, so fehlt es im Hinblick auf die fehlende Parteiidentität an einer gesicherten Forderung.

Letztlich würde auch ein Fall der Übersicherung vorliegen. Denn nach § 551 Abs. 1 BGB ist die Mietsicherheit auf höchstens das Dreifache der monatlichen Miete beschränkt. Bei einer Übersicherung ist der überschießende Betrag zurück zu gewähren und kann der Bürge dies einem Zahlungsverlangen entgegenhalten. Zwar ist nach BGH-Rechtsprechung der Schutzzweck des § 551 Abs. 1 BGB nicht betroffen, wenn Eltern für ihre Kinder - an Stelle einer Anmietung im eigenen Namen - von sich aus dem Vermieter eine Bürgschaft für den Fall eines Vertragsschlusses zusagen. In einem solchen Fall steht die gesetzliche Begrenzung der Mietsicherheit einer wirksamen Übernahme einer Bürgschaft durch die Eltern nicht entgegen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn mit einer solchen Bürgschaft erkennbar keine besonderen Belastungen für den Mieter verbunden sind. Und so lag der Fall hier nicht.

Linkhinweis:

Rechtsprechungsdatenbank Berlin-Brandenburg
Zurück