26.03.2013

Handwerker muss Standsicherheitsnachweis bei Unterschreitung von technischen Vorgaben nachvollziehbar dokumentieren

Zwar können allgemein anerkannte Regeln der Technik für handwerkliche Gewerke (hier: Holztreppen) vorsehen, dass entweder bei bestimmten Bauteilen eine Mindeststärke eingehalten oder ein Standsicherheitsnachweis im Einzelfall vorliegt. Letzteres muss der Unternehmer jedoch für den Besteller nachvollziehbar dokumentiert.

BGH 7.3.2013, VII ZR 134/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte den Beklagten mit der Lieferung und dem Einbau einer Massivholztreppe aus Birke in ihrem Einfamilienhaus beauftragt. Der Beklagte baute die Treppe im Oktober 2006 ein und rechnete seine Leistungen mit rund 3.485 € ab. Nachdem Mängel an der Treppe aufgetreten waren, unternahm der Beklagte zunächst mehrere Nachbesserungsversuche. Schließlich wies er ein weiteres Nachbesserungsverlangen der Klägerin zurück.

Die Klägerin machte verschiedene Mängel geltend. So biege sich die Treppe etwa durch, verursache beim Begehen ein Knarren und sei für die Belastung insgesamt zu schwach ausgelegt. Eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung sei nur durch den Einbau einer neuen, mangelfreien Treppe möglich.

Der Sachverständige kam im Laufe des Verfahrens zu dem Ergebnis, dass die eingebaute Treppe aufgrund einer zu geringen Wangenstärke nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprach. AG und LG verurteilten den Beklagten daraufhin antragsgemäß, an die Klägerin einen Vorschuss zur Mängelbeseitigung i.H.v. 3.485 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die Revision des Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Vorinstanzen haben zutreffend in der Unterschreitung der grundsätzlich vorgesehenen Wangenstärke eine Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gesehen und dieses als Mangel gewertet. Dem stand nicht entgegen, dass, die Parteien im Vertrag eine Wangenstärke von 40 mm vorgesehen hatten. Eine solche Vereinbarung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass von einem üblicherweise zu erwartenden Mindeststandard abgewichen werden soll, wenn auf eine solche Bedeutung nicht ausdrücklich hingewiesen wird oder der Besteller dies aus anderen Gründen, etwa einer entsprechenden Fachkunde, weiß.

Zwar können allgemein anerkannte Regeln der Technik für handwerkliche Gewerke (hier: Holztreppen) vorsehen, dass entweder bei bestimmten Bauteilen eine Mindeststärke eingehalten oder ein Standsicherheitsnachweis im Einzelfall vorgelegt werden muss. Zu Unrecht meinte die Revision jedoch, dies offenbare, dass die im Regelwerk niedergelegten Kriterien nicht tauglich seien, einen Sachmangel im juristischen Sinne festzustellen. Es ist gerade typisch, dass allgemein anerkannte Regeln der Technik dazu dienen, mit der notwendigen Gewissheit sicherzustellen, dass bestimmte Eigenschaften des Werkes erreicht werden.

Es kommt für die Frage, ob die Regeln verletzt sind, nicht darauf an, ob die Eigenschaften möglicherweise auf anderem Wege erreicht werden, und deshalb die Nichteinhaltung der Regeln im Einzelfall keine weiteren nachteiligen Folgen hat. Das ändert nichts daran, dass die stillschweigend vereinbarte Beschaffenheit der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln nicht erfüllt ist. Deshalb kann ein Werk etwa bereits dann mangelhaft sein, wenn die Werkstoffe nicht einen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik notwendigen Gebrauchstauglichkeitsnachweis haben.

Wegen der Vielzahl der möglichen individuell unterschiedlichen Gestaltungen von handwerklichen Holztreppen ist es zwar - wie oben bereits erwähnt - nach dem technischen Regelwerk nicht ausgeschlossen, auch bei einer geringeren Wangenstärke die Standsicherheit zu gewährleisten. Es ist dann aber erforderlich, dass der Unternehmer durch den Nachweis der Standsicherheit für den Besteller nachvollziehbar dokumentiert, dass aufgrund der Gesamtkonstruktion die sonst notwendige Wangenstärke von 50 mm bzw. unter bestimmten Voraussetzungen 45 mm nicht erreichen muss, ohne dass die Gefahr einer Standunsicherheit besteht. Der Beklagte hatte jedoch keinerlei Nachweis erbracht.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück