01.08.2013

Hausgeldvorschüsse der Wohnungseigentümer müssen im Gesamtwirtschaftsplan nicht ausdrücklich als Einnahmen aufgeführt werden

Im Gesamtwirtschaftsplan müssen die (künftigen) Hausgeldvorschüsse der Wohnungseigentümer nicht ausdrücklich als Einnahmen aufgeführt werden. Es kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die aus dem Wirtschaftsplan ersichtliche Deckungslücke zwischen voraussichtlichen Ausgaben und sonstigen Vermögenszuflüssen der Gemeinschaft, die sich durch Addition der einzelnen Posten ermitteln lässt, durch die Belastung der Wohnungseigentümer mit Hausgeldvorschüssen ausgeglichen werden soll.

BGH 7.6.2013, V ZR 211/12
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 7.12.2010 stand als TOP 5 Folgendes zur Abstimmung: "Beschlussfassung über den Gesamtwirtschaftsplan 2011 mit einem Gesamtaufwand von 32.970 € und den dazugehörigen Einzelwirtschaftsplänen. Die hier genannte Summe ist ein Vorschlag durch die Verwaltung." Das den Klägern übermittelte Exemplar des Wirtschaftsplans enthält eine Erläuterung der Verteilungsschlüssel.

Es folgt eine Rubrik, in der die "umlagefähigen Nebenkosten" im Einzelnen aufgeführt werden. Ausgewiesen sind jeweils die Gesamtbeträge und die auf die Kläger entfallenden Anteile. Ferner finden sich dort die gesamten und anteilig auf die Kläger entfallenden Zinserträge der Gemeinschaft. In einer weiteren Rubrik wird die Rücklagenzuführung behandelt, wobei ebenfalls der Gesamtbetrag wie auch der von den Klägern zu tragende Anteil aufgeführt sind. Es folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Als Summe wird ein Gesamtbetrag von 32.970 € und der auf die Kläger entfallende Anteil mit 1.583,48 € ausgewiesen.

Im anschließenden Fließtext heißt es: "Ihr Anteil an dem neuen Wirtschaftsplan beträgt: 1.583,48 €. Somit beträgt Ihr Hausgeld ab dem 1.1.2011 € 131,96" Die auf die anderen Wohnungseigentümer entfallenden Hausgeldvorschüsse sind nicht aufgeführt. Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2011 wurde gegen die Stimmen der Kläger mehrheitlich beschlossen. Die Kläger fochten u.a. den Beschluss zu TOP 5 an.

Das AG gab der Klage statt und erklärte diesen Beschluss für ungültig. Das LG wies die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans für das Jahr 2011 den inhaltlichen Anforderungen des § 28 Abs. 1 WEG entspricht.

Hinsichtlich der Gestaltung des Wirtschaftsplans ist es nicht zu beanstanden, wenn die Hausgeldvorschüsse nicht ausdrücklich als erwartete Einnahmen bezeichnet werden. Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, dass die durch die sonstigen Vermögenszuflüsse nicht gedeckten voraussichtlichen Ausgaben durch Hausgeldvorschüsse aufgebracht werden sollen. Letzteres versteht sich in aller Regel von selbst, da der Wirtschaftsplan gerade das Ziel hat, die erforderlichen finanziellen Mittel durch die Belastung der Wohnungseigentümer entsprechend den geltenden Verteilungsschlüsseln aufzubringen.

Allerdings wird vereinzelt die Ansicht vertreten, dass im Wirtschaftsplan weitergehende Angaben erforderlich seien. So wird gefordert, dass alle Einzelwirtschaftspläne an sämtliche Wohnungseigentümer zu versenden seien oder eine Vorschussliste zu erstellen sei, aus der sich ergeben müsse, welche Hausgeldvorschüsse jeder einzelne Wohnungseigentümer jährlich und monatlich zu zahlen habe. Ohne Angabe zu den nach Maßgabe der Einzelwirtschaftspläne zu leistenden Hausgeldvorauszahlungen lasse der Gesamtwirtschaftsplan aus sich heraus keine Überprüfung zu, ob er ordnungsgemäß nach dem Kostendeckungsprinzip aufgestellt worden sei. Erst aufgrund solcher aus dem Wirtschaftsplan herzuleitender Informationen könnten sich weitere Erkenntnisse darüber ergeben, ob andere Fehler vorhanden seien. Ein Wirtschaftsplan, der dies nicht beachte, sei für ungültig zu erklären.

Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. § 28 Abs. 1 WEG gibt keine konkrete Form der Gestaltung des Wirtschaftsplans vor. Die in den §§ 238 ff. HGB normierten Vorschriften über die Handelsbücher, insbes. die über die Aufstellung einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung sind nicht anwendbar, da die Gemeinschaft kein Kaufmann i.S.d. §§ 1 ff. HGB ist. Auch lassen sich § 28 Abs. 1 WEG solche Vorgaben nicht entnehmen. Geboten ist lediglich eine für den Wohnungseigentümer nachvollziehbare Darstellung, die sich an der Funktion des Wirtschaftsplans ausrichtet.

Der Wirtschaftsplan dient der Ermittlung und Festsetzung der Beitragsverpflichtung der Wohnungseigentümer und damit der Aufbringung der für eine ordnungsgemäße Verwaltung der Wohnungseigentümer erforderlichen finanziellen Mittel. Seine eigentliche Bedeutung liegt darin, dass er die Belastung der Wohnungseigentümer mit Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 WEG verbindlich regelt und deren Zahlungsverpflichtung erst entstehen lässt. Daher kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die aus dem Wirtschaftsplan ersichtliche Deckungslücke zwischen den voraussichtlichen Ausgaben und den sonstigen Vermögenszuflüssen der Gemeinschaft, die entweder ausdrücklich als Summe genannt wird oder sich durch Addition der einzelnen Posten ermitteln lässt, durch die Belastung der Wohnungseigentümer mit Hausgeldvorschüssen ausgeglichen werden soll.

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