20.07.2017

Hilfeleistung in Steuersachen: Buchhalter nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt

Die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen sind auch dann nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt, wenn diese aufgrund des verwendeten Buchführungsprogramms automatisch erfolgt.

Kurzbesprechung
BFH v. 7.6.2017 - II R 22/15

StBerG § 1, § 5, § 6 Nr. 3, 4
AO a.F. § 80 Abs. 5

Ob jemand zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, richtet sich nach dem StBerG, das nach seinem § 1 Abs. 1 Nr. 1 u.a. auf die Hilfeleistung in Angelegenheiten anzuwenden ist, die durch Bundesrecht geregelte Steuern und Vergütungen betreffen, soweit diese durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Dies trifft auf die Umsatzsteuer zu.

Die Hilfeleistung in Steuersachen erfolgt geschäftsmäßig, wenn jemand ausdrücklich oder erkennbar die Absicht verfolgt, die Tätigkeit in gleicher Art zu wiederholen und zu einem wiederkehrenden oder dauernden Bestandteil seiner selbständigen Beschäftigung zu machen. Selbständig handelt, wer sich nach eigenem Willen und in eigener Verantwortung, unabhängig von den Weisungen einer übergeordneten Person betätigt.

Geschäftsmäßig kann eine Hilfeleistung auch dann sein, wenn sie nur für eine bestimmte Person erfolgt. Dies gilt zumindest dann, wenn sich die Hilfeleistung über einen längeren Zeitraum erstreckt und die einzelnen Tätigkeiten verschiedene Rechtsgebiete berühren. Die Hilfeleistung in Steuersachen umfasst auch die Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie bei der Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Hilfeleistung in diesem Sinne ist auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen.

Die Hilfeleistung in Steuersachen darf gemäß § 2 Satz 1 StBerG geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Andere als die in den §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personen und Vereinigungen dürfen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG nicht geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere nicht geschäftsmäßig Rat in Steuersachen erteilen.

Gemäß § 6 Nr. 4 StBerG gilt das Verbot des § 5 StBerG nicht für das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen, soweit diese Tätigkeiten verantwortlich durch Personen erbracht werden, die nach Bestehen der Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder nach Erwerb einer gleichwertigen Vorbildung mindestens drei Jahre auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen sind.

Der BFH hat nun entschieden, dass § 6 Nr. 4 StBerG im Hinblick auf seinen klaren Wortlaut und unter Berücksichtigung der mit der Vorschrift verfolgten Zielsetzung nicht entsprechend auf die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen angewendet werden kann. Umsatzsteuervoranmeldungen können den Lohnsteuer-Anmeldungen nicht gleichgestellt werden, da ihre richtige Erstellung eine umfassende Kenntnis des Umsatzsteuerrechts erfordert. Denn es gibt keine wesentliche Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes, die bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht grundsätzlich beachtet werden muss. Das schließt nicht aus, dass es zahlreiche Fälle gibt, in denen sich keine rechtlichen Besonderheiten ergeben und die Umsatzsteuervoranmeldung daher ohne besondere Schwierigkeiten erstellt werden kann.

Die Entscheidung der Frage, ob es mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist, die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen den steuerberatenden Berufen vorzubehalten, kann jedoch nicht von den Schwierigkeiten abhängig gemacht werden, die die jeweils im Einzelfall zu erstellende Anmeldung bietet. Diese Frage kann vom Gesetzgeber nur einheitlich entschieden werden.

Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen wird vom Anwendungsbereich des § 6 Nr. 4 StBerG auch dann nicht erfasst, wenn das verwendete Buchführungsprogramm es ermöglicht, die Umsatzsteuervoranmeldungen aufgrund der Buchführung automatisch zu erstellen. Denn das Fertigen einer Umsatzsteuervoranmeldung stellt kein bloßes mechanisches Rechenwerk dar, wenn sie verantwortlich und unter Berücksichtigung der Regelungen des UStG geschieht. Die bloße unkritische Übernahme der Ergebnisse der Buchführung ohne eigene rechtliche Prüfung genügt nicht den Anforderungen, die das Gesetz an eine Umsatzsteuervoranmeldung stellt. Anderenfalls würde die Verantwortung für die Richtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung auf den Buchführer übertragen werden, der dann auch die Subsumtion der Geschäftsvorfälle unter die einschlägigen Bestimmungen des UStG vorzunehmen hätte.

Die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen erfordert vielmehr ein eigenverantwortliches und sachkundiges Tätigwerden, das auch die kritische Prüfung und eine gesetzesgerechte Auswertung der durch den Buchführer gelieferten Zahlen einschließt. Dass der Gesetzgeber diese Tätigkeit den Personen vorbehält, die aufgrund einer sachgerechten Vorbildung zur Hilfeleistung in Steuersachen zugelassen sind, ist daher kein Eingriff in die Berufsfreiheit, der weitergeht, als die sie legitimierenden öffentlichen Interessen erfordern.

BFH, Urteil vom 7.6.2017, II R 22/15, veröffentlicht am 19.7.2017
Verlag Dr. Otto Schmidt