06.01.2015

Hilfsantrag auf Nutzungsentschädigung nach noch unbeziffertem Hauptantrag (Stufenklage bzgl. Zahlung von Mieten) keine Klageänderung

Verlangt der Kläger im Wege der Stufenklage Zahlung von Mieten, liegt in dem späteren Hilfsantrag auf Nutzungsentschädigung für den gleichen Zeitraum auch dann keine Klageänderung, wenn der Hauptantrag noch nicht beziffert war. Die Bestimmung im Mietvertrag über eine Rechtsanwaltskanzlei, dass sich die Höhe der Miete nach dem erzielten Umsatz richtet, ist auch dann nicht wegen Gebührenunterschreitung nichtig, wenn der Mieter den Vermieter anwaltlich vertritt.

BGH 13.11.2014, IX ZR 267/13
Der Sachverhalt:
Mit Vertrag von Oktober 2005 vermietete der Kläger dem Beklagten, einem Rechtsanwalt, Räumlichkeiten zum Betrieb einer Kanzlei. Dem Vertrage nach richtete sich die Miete nach dem erzielten Umsatz. Der Beklagte hatte dem Kläger jeweils zum 15. eines Monats die Nettoumsätze des Vormonats nachzuweisen. In den folgenden Jahren kam es zu mehreren Nachtragsvereinbarungen. Der Beklagte war in den gemieteten Räumen als Rechtsanwalt tätig. Er vertrat den Kläger, dem weitere Immobilien gehören, in zahlreichen Mietstreitigkeiten. Wie die Berechnung und Bezahlung der Mieten einerseits, des anwaltlichen Honorars andererseits gehandhabt wurde, ist streitig.

Der Kläger beantragte zunächst im Wege der Stufenklage, den Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft und Rechenschaft über die erzielten monatlichen Nettoumsätze seiner Kanzlei für den Zeitraum vom 1.1. bis zum 31.12.2008 zu erteilen, die Richtigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern und die sich aus der Auskunft ergebenden Mieten zu zahlen.

Das LG wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren beantragte der Kläger hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Nutzungsentschädigung von rd. 22.400 € zu zahlen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem OLG erfolglos. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Der Hilfsantrag war zulässig und hätte sachlich beschieden werden müssen, nachdem das OLG den Hauptantrag für unbegründet erachtete. Der in der Berufungsbegründung erstmals gestellte Hilfsantrag führte nicht zu einer Klageänderung i.S.v. §§ 533, 263 ZPO.

Der Kläger hat den im Hauptantrag im Wege der Stufenklage geltend gemachten Anspruch auf Miete aus einem zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Mietvertrag in Verbindung mit der Überlassung der Mieträume hergeleitet, den Anspruch auf Nutzungsentschädigung hingegen aus § 812 BGB. Darin liegt jedoch noch keine Klageänderung. Der BGH hat bereits entschieden, dass ein Kläger, der eine vertragliche Vergütung fordert, sich nachträglich aber hilfsweise auf gesetzliche Anspruchsgrundlagen (GoA, ungerechtfertigte Bereicherung) beruft, keine Klageänderung vornimmt. Dass der Kläger als Hauptantrag bisher nur den Auskunftsanspruch gestellt hatte, führt ebenfalls nicht dazu, dass der Hilfsantrag als Klageänderung anzusehen wäre.
Der Zahlungsanspruch, der Teil der Stufenklage war, war allerdings noch nicht beziffert worden, während der Hilfsantrag auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet war. Gem. § 264 Nr. 2 ZPO ist es jedoch nicht als Klageänderung anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird. Laut BGH-Rechtsprechung fällt der Übergang von einem nicht bezifferten Feststellungsantrag zu einem bezifferten Zahlungsantrag unter § 264 Nr. 2 ZPO. Wird zunächst eine Stufenklage erhoben und der Auskunftsantrag gestellt, stellt der Kläger dann aber, ohne die Bescheidung des Auskunftsanspruchs abzuwarten, sogleich den Zahlungsantrag, ist dieser Antrag ebenfalls nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Um eine Klageänderung handelt es sich nicht. Für einen neben einer Stufenklage hilfsweise geltend gemachten, auf dem nämlichen Klagegrund beruhenden Zahlungsanspruch kann nichts anderes gelten, auch dann nicht, wenn sich die Stufenklage noch im Stadium des Auskunftsanspruchs befindet und der Zahlungsanspruch deshalb noch nicht beziffert war.

Die Begründung, mit welcher das OLG den Hauptantrag abgewiesen hat, trägt gleichfalls nicht. Die Vereinbarungen, welche die Parteien hinsichtlich der vom Beklagten zu zahlenden Miete und des vom Kläger zu zahlenden Anwaltshonorars getroffen haben, sind nicht wegen Verstoßes gegen § 49b BRAO gem. § 134 BGB nichtig. Nach § 49b Abs. 1 BRAO ist es unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das RVG vorsieht. Das OLG hat aber nicht festgestellt, dass die Parteien für die Tätigkeit des Beklagten überhaupt andere als die gesetzlichen Gebühren vereinbart haben. Der Beklagte hat den Kläger in verschiedenen Mietstreitigkeiten vertreten und konnte diese Tätigkeiten nach den Vorschriften des RVG abrechnen. Das hat er auch getan. Seinem eigenen Vorbringen nach hat er Honorarrechnungen gestellt, die der Kläger dann bezahlte.

Die "Rückvergütung", welche das OLG für ausschlaggebend gehalten hat, betraf die Verwendung der vom Beklagten verdienten Gebühren, nicht deren Höhe. Die Gebühren in gesetzlicher Höhe, welche der Kläger dem Beklagten für dessen Tätigkeit schuldete, bildeten einen Teil des Umsatzes, auf dessen Grundlage die vom Beklagten zu zahlende Miete berechnet wurde. Zu welchem Zweck der Rechtsanwalt die von ihm verdienten Gebühren einsetzen darf, ist weder in der BRAO noch im RVG geregelt. Der Rechtsanwalt unterliegt insoweit keinen auf seinen Berufsstand bezogenen Einschränkungen. Geht er Verträge ein, hat er diese grundsätzlich ebenso zu erfüllen wie jede andere geschäftsfähige Person. Er kann nicht die Erfüllung eines Vertrages mit der Begründung verweigern, dadurch werde im Ergebnis sein Gebührenaufkommen verkürzt. Das gilt auch dann, wenn der Vertragspartner ein Mandant von ihm ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück