20.08.2012

Hinweis auf laufende Vergleichsverhandlungen ersetzt keine Einwilligung für eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist

Es reicht nicht aus, lediglich auf laufende Vergleichsverhandlungen hinzuweisen, um die gem. § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO notwendige Einwilligung des Gegners für eine weitere (zweite) Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist darzutun. Der Prozessbevollmächtigte darf auch nicht auf gegenteilige Angaben einer Geschäftsstellenmitarbeiterin vertrauen.

BGH 26.7.2012, III ZB 57/11
Der Sachverhalt:
Die Beklagte war in erster Instanz verurteilt worden, an die Klägerin 208.250 € zu zahlen, ihre Widerklage war abgewiesen worden. Gegen dieses ihr am 1.3.2011 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 31.3.2011 Berufung ein. Die Frist zur Begründung der Berufung wurde antragsgemäß bis zum 1.6.2011 verlängert, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass eine weitere Verlängerung nur mit Einwilligung des Gegners bewilligt werde. Am 31.5.2011 stellte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Antrag, die Frist nochmals bis zum 1.7.2011 zu verlängern. Zur Begründung wies er darauf hin, die Parteien befänden sich derzeit noch in Vergleichsverhandlungen.

Der Vorsitzende des Berufungsgerichts wies den Antrag zurück, da die zwingend notwendige Einwilligung des Gegners nicht vorliege. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragte hilfsweise zu seinem Fristverlängerungsantrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er wies noch einmal auf den Vergleichsvorschlag hin und behauptete, eine Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts habe ihm mitgeteilt, eine Fristverlängerung werde bei Vergleichsgesprächen gewährt; dies gelte auch für den zweiten Verlängerungsantrag, es solle jedoch ein schriftlicher Antrag gestellt werden. Im Vertrauen hierauf sei dann die weitere Fristverlängerung beantragt und keine Rücksprache mehr mit dem Gericht und dem Klägervertreter gehalten worden.

Das OLG hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beruhte auf einem der Beklagten zuzurechnenden Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten.

Nach § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO kommt eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist über einen Monat hinaus ohne Einwilligung des Gegners schon von Gesetzes wegen nicht in Betracht. Hinzukommt, dass im Fall des § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO berechtigtes Vertrauen auf die Gewährung einer beantragten Fristverlängerung die Vollständigkeit des Antrags voraussetzt. Dazu gehört die Darlegung der Einwilligung des Gegners, wenn dieser sie nicht unmittelbar gegenüber dem Gericht erklärt hat. Nach BGH-Rechtsprechung muss dies im Regelfall ausdrücklich geschehen. Ausnahmsweise kann zwar auch eine konkludente Darlegung ausreichen. Der bloße Hinweis auf laufende Vergleichsverhandlungen reicht hierzu allerdings nicht aus.

Auch soweit die Beklagte geltend machte, aus den Angaben der Geschäftsstellenmitarbeiterin habe sich ein berechtigtes Vertrauen auf eine weitere Fristverlängerung ableiten lassen, konnte dem nicht gefolgt werden. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten durfte nicht schlussfolgern, dass - entgegen der eindeutigen Gesetzeslage - bei Vergleichsgesprächen in jedem Fall eine zweite Fristverlängerung gewährt werde, und zwar auch dann, wenn der Gegner hierzu seine Einwilligung nicht erteilt hat. Vielmehr hätte sich in dieser Situation (zumindest) der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei Abwesenheit des Senatsvorsitzenden selbst an dessen Stellvertreter oder den Berichterstatter wenden und weiter kundig machen müssen. Das war allerdings nicht geschehen.

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