16.11.2015

Identitätserklärung dient nicht zur Feststellung der Kaufvertragserfüllung sondern zur Bestätigung der Identität der unvermessen verkauften Teilfläche

Erfolgen Messungsanerkennung und Auflassung nach Abschluss eines Kaufvertrages, handelt es sich nicht um genehmigungsbedürftige Insichgeschäfte, wenn sie von einem Vertreter, der für beide Vertragsparteien auftritt, erklärt werden. Die Messungsanerkennung (Identitätserklärung) dient nicht dazu, die vertragsgemäße Erfüllung des Kaufvertrags festzustellen, sondern nur dazu, die Identität der unvermessen verkauften Teilfläche und des bei der Teilungsvermessung neu gebildeten Flurstücks zu bestätigen, und zwar unabhängig davon, ob sie der Auflassung nachfolgt oder vorausgeht.

BGH 1.10.2015, V ZB 181/14
Der Sachverhalt:
Mit notariellem Vertrag vom 9.12.2008 verkaufte der Beteiligte zu 2) (Verkäufer) eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 5.000 qm aus einem ihm gehörenden Grundstück mit allen Rechten und gesetzlichen Bestandteilen an die Beteiligte zu 1) (Käuferin). In dem Vertrag findet sich folgende Regelung:

"Die Teilfläche ist den Beteiligten nach Lage und Umfang in der Natur genau bekannt. Es handelt sich um die gesamte Grundstücksfläche mit Ausnahme der Teilfläche, welche in dem dieser Urkunde als Anlage 1 beigehefteten Lageplan gelb gekennzeichnet (ist). Auf den Plan, der zur Durchsicht vorgelegt wurde, wird verwiesen. Die (Beteiligte zu 1) und (Beteiligte zu 2) vereinbaren, dass sie

  • a) die durch die Ausführungsanordnung (nach Art. 34 BayEG) festzustellende Grenzziehung auch für das heutige Vertragsverhältnis als verbindlich anerkennen,
  • b) die Vereinbarung über den pauschal zu leistenden Kaufpreis von der durch die Vermessung tatsächlich ermittelten Grundstücksgröße unberührt bleibt."

Die Käuferin wurde durch einen Rechtsanwalt vertreten. Nach dem Inhalt der dem Kaufvertrag in beglaubigter Abschrift beigefügten notariellen Generalvollmacht war dieser berechtigt, sie in sämtlichen Grundstücksangelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Insbesondere wurde er bevollmächtigt,

"Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Grundpfandrechte zu veräußern, zu erwerben und zu belasten, dazu Auflassungen zu erklären und entgegenzunehmen, Eintragungen aller Art im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen, Eintragungsanträge zurückzunehmen."

In einer notariell beurkundeten Nachtragsvereinbarung vom 5.3.2014 erkannte die Käuferin das Ergebnis der Teilungsvermessung an, erklärte weiter die Auflassung und bewilligte und beantragte, die Rechtsänderung im Grundbuch einzutragen. Sie handelte dabei im eigenen Namen und aufgrund der ihr durch diesen in der Vorurkunde unter Befreiung von § 181 BGB erteilten Vollmacht für den Verkäufer. Für sie handelte wieder der Rechtsanwalt, der sie schon bei dem Abschluss des Kaufvertrags vertreten hatte.

Auf den Vollzugsantrag erhob das AG - Grundbuchamt - mit Zwischenverfügung vom 12.5.2014 insgesamt vier Beanstandungen, von denen hier nur noch die Beanstandung unter Nr. 1 relevant ist, es fehle die nach § 181 BGB erforderliche Genehmigung der Käuferin in der Form des § 29 GBO. Der für sie handelnde Rechtsanwalt sei nicht von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreit gewesen. Das OLG hob die Zwischenverfügung hinsichtlich einer anderen Beanstandung auf und wies das Rechtsmittel im Übrigen zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen die verbliebene Beanstandung zu Nr. 1 hob der BGH den Beschluss des OLG auf und wies das AG - Grundbuchamt - an, den Eintragungsantrag vom 2.4.2015 nicht aus den Gründen unter Nr. 1 der Zwischenverfügung vom 12.5.2015 zurückzuweisen.

Die Gründe:
Weder die Messungsanerkennung noch die Auflassung bedürfen einer Genehmigung durch die Käuferin nach §§ 181, 184 BGB. Sie dienen beide ausschließlich der Erfüllung einer Verbindlichkeit und sind deshalb keine nach § 181 BGB genehmigungsbedürftigen Insichgeschäfte.

Das hat der Senat für den Fall des Verkaufs noch nicht vermessener Teilflächen unter gleichzeitiger Erklärung der Auflassung (und Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts) entschieden. Die spätere Messungsanerkennung oder Identitätserklärung hat in einem solchen Fall keinen eigenständigen materiell-rechtlichen Gehalt. Welche Teilflächen verkauft und aufgelassen worden sind, ergibt sich nach Größe, Lage und Zuschnitt aus der zeichnerischen - nicht notwendig maßstabsgerechten - Darstellung im Kaufvertrag, die auch ausreichend ist. Die nachfolgende Identitätserklärung enthält ausschließlich die Bestätigung der Vertragsparteien, dass die in dem Kaufvertrag beschriebenen und aufgelassenen Teilflächen mit den vermessenen Flächen, die in dem katasteramtlichen Veränderungsnachweis ausgewiesen sind, übereinstimmen.

Damit wird lediglich dem Bestimmtheitserfordernis des Grundbuchrechts (vgl. § 28 GBO) Genüge getan. Es handelt sich um eine rein verfahrens-rechtliche Übereinstimmungsbestätigung, die von einem Vertreter für beide Vertragsparteien auch ohne Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB abgegeben werden kann. Für den vorliegenden - hier gegebenen - umgekehrten Fall, dass die Auflassung der verkauften unvermessenen Teilfläche erst nach erfolgter und anerkannter Teilungsvermessung (durch eine dazu bevollmächtigte Vertragspartei) in gesonderter Urkunde erklärt wird, gilt nichts anderes. Zwischen beiden Konstellationen besteht kein Unterschied.

Unzutreffend ist auch die Annahme, der Auflassung vorangehenden Messungsanerkennung komme eine weitergehende materiell-rechtliche Bedeutung zu als einer Messungsanerkennung, die der Auflassung nachfolgt. Bei einem Teilflächenverkauf müssen die Parteien die zu verkaufende Grundstücksteilfläche nicht mit der für den späteren Vollzug nach § 28 GBO erforderlichen Bestimmtheit bezeichnen, die Teilfläche also nicht vorher vermessen lassen. Es genügt, wenn sie sich über die Größe, die Lage und den Zuschnitt der verkauften Teilfläche entsprechend einer zeichnerischen - nicht notwendig maßstabsgerechten Darstellung - und darüber einig sind, dass die genaue Grenzziehung erst noch erfolgen soll. Sie können die endgültige Festlegung der verkauften Teilfläche einer Vertragspartei oder einem Dritten überlassen oder eine Vertragspartei oder einen Dritten ermächtigen, die vorläufig festgelegte Teilfläche nachträglich zu ändern.

Ein solcher Gestaltungsspielraum ist normalerweise nicht anzunehmen, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass die genaue Grenzziehung entsprechend der zeichnerischen Darstellung der verkauften Teilfläche in dem Kaufvertrag später erfolgen soll. So liegt es auch hier. Die Parteien haben die verkaufte Teilfläche in dem Vertrag zeichnerisch festgelegt und die Grenzziehung in der Ausführungsanordnung der Enteignungsbehörde, die sie ihrer zeichnerischen Darstellung zugrunde gelegt haben, als verbindlich anerkannt. Das schließt einen Gestaltungsspielraum der zu der Messungsanerkennung und der Auflassung bevollmächtigten Käuferin aus. Einen über die Erfüllung der Auflassungsverpflichtung hinausgehenden materiell-rechtlichen Gehalt gewinnt eine der Auflassung vorausgehende Messungsanerkennung im Übrigen auch nicht dadurch, dass sie Auswirkungen auf den Kaufpreis haben könnte.

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