04.11.2015

Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin ist rechtmäßig

Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin vom 7.5.2013 ist rechtmäßig, weshalb im gesamten Stadtgebiet von Berlin die in Wohnraummietverhältnissen für die Erhöhung von Bestandsmieten geltende allgemeine Kappungsgrenze von 20 % für die Dauer von fünf Jahren auf 15 % herabgesetzt ist. Es ist nicht feststellbar, dass etwa allein die Beschränkung der Gebietsbestimmung auf bestimmte Teile von Berlin sachgerecht gewesen wäre oder dass der Verordnungsgeber ungeeignete Indikatoren herangezogen hätte.

BGH 4.11.2015, VIII ZR 217/14
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist seit 2007 Mieter einer Wohnung des Klägers in Berlin-Wedding. Anfang September 2013 hatte der Kläger vom Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Miete um 20 % gefordert. Er hält die Berliner Kappungsgrenzen-Verordnung für unwirksam, weil diese die Kappungsgrenze für das gesamte Stadtgebiet Berlins herabsetze, obwohl nicht in allen Stadtteilen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet sei. Der Beklagte stimmte daraufhin nur einer Erhöhung um 15 % zu.

AG und LG wiesen die weitergehende Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BGH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin ist rechtmäßig. Infolgedessen konnte der Kläger im Hinblick auf § 558 Abs. 3 S. 2 u. 3 BGB vom Beklagten nicht die Zustimmung zu einer 15 % übersteigenden Mieterhöhung verlangen.

Zivilgerichte sind grundsätzlich zur Prüfung verpflichtete, ob eine von der Landesregierung erlassene Kappungsgrenzen-Verordnung den mietrechtlichen Anforderungen des § 558 Abs. 3 S. 3 BGB i.V.m. S. 2 genügt und auch mit höherrangigem Recht in Einklang steht. Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin beruht auf einer verfassungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage, überschreitet nicht den gesetzlichen Rahmen und genügt ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Ermächtigungsgrundlage für die Kappungsgrenzen-Verordnung gem. § 558 Abs. 3 S. 3 BGB verstößt insbesondere nicht gegen die in Art. 14 Abs. 1 GG verbürgte Eigentumsgarantie, sondern erweist sich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Sie verfolgt ein legitimes, dem öffentlichen Interesse dienendes Regelungsziel, nämlich in Gebieten mit besonderer Gefährdungslage einen zu raschen Anstieg von Mieten auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zu dämpfen.

Die Ermächtigungsgrundlage stellt zudem einen angemessenen, auch die Belange der Vermieter hinreichend berücksichtigenden und damit verhältnismäßigen Interessenausgleich her. Insbesondere ist zur Erreichung des Regelungszwecks ein weniger einschneidendes, aber gleich wirksames Mittel nicht eindeutig feststellbar. Schließlich hat sich der Gesetzgeber für eine geringe Eingriffsintensität entschieden. Anders als bei früheren Gesetzesänderungen ist keine flächendeckende und zeitlich unbefristete Absenkung der Kappungsgrenze vorgesehen. Da der Kernbereich des Eigentums (Bestandsgarantie) nicht berührt wird, ist die gesetzliche Maßnahme auch nicht unzumutbar. Es ist nicht erkennbar, dass die Wirtschaftlichkeit der Vermietung hierdurch ernsthaft in Frage gestellt wird.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Berliner Senat die gesamte Stadt Berlin als Gebiet ausgewiesen hat, in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet und daher die Mieterhöhungsmöglichkeit auf eine Steigerung um höchstens 15 % begrenzt ist. Der Gesetzgeber hat dem Verordnungsgeber als seinerseits demokratisch legitimiertes Rechtssetzungsorgan bei der Beurteilung und Ermittlung der für den Erlass der Verordnung nach § 558 Abs. 3 S. 3 BGB maßgeblichen Umstände einen weiten wohnungsmarkt- und sozialpolitischen Beurteilungs- und Einschätzungsspielraum eingeräumt, der anhand der örtlichen Gegebenheiten ausgefüllt werden muss. Diese Spielräume werden erst dann überschritten, wenn sich seine Erwägungen nicht mehr innerhalb der Zweckbindung der Ermächtigungsgrundlage bewegen und offensichtlich verfehlt sind.

Das ist hier nicht der Fall. Denn es ist nicht feststellbar, dass etwa allein die Beschränkung der Gebietsbestimmung auf bestimmte Teile von Berlin sachgerecht gewesen wäre oder dass der Verordnungsgeber ungeeignete Indikatoren herangezogen hätte. Zutreffend ist der Berliner Senat bei Erlass der Verordnung vielmehr davon ausgegangen, dass in Anbetracht des mit § 558 Abs. 3 S. 2 u. 3 BGB verbundenen Regelungszwecks vom Gesetzgeber bei der Beurteilung der Mangellage eine Differenzierung nach Gemeindeteilen nicht zwingend vorgeschrieben wird. Es spricht auch nichts dafür, dass die zur Bestimmung der Wohnungsmarktsituation vom Berliner Senat herangezogenen Indikatoren ungeeignet gewesen wären. Gerichte dürfen dabei nicht ihre eigene Bewertung an die Stelle des weitreichenden Beurteilungs- und Einschätzungsspielraums des Verordnungsgebers setzen und deshalb nur überprüfen, ob das methodische Konzept des Verordnungsgebers - so wie hier - tragfähig ist.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 185 vom 4.11.2015
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