27.09.2018

Kein ermäßigter Steuersatz für die Lieferung von Holzhackschnitzeln

Der ermäßigte Steuersatz für die Lieferung von Spänen, Holzabfällen und Holzausschuss gemäß Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG findet keine Grundlage in der MwStSystRL. Da auf die Lieferung von Holzhackschnitzeln --gleich aus welchem Holz gewonnen-- der ermäßigte Steuersatz unionsrechtlich nicht anzuwenden ist, kann seine Anwendung auf aus Rohholz gewonnene Holzhackschnitzel auch nicht auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer gestützt werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 26.6.2018 - VII R 47/17

MwStSystRL Art. 98 Abs. 3, Art. 122

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1 Anlage 2 Nr. 48

§ 12 Abs.2 Nr. 1 UStG schreibt i.V.m. Nr. 48 Buchst. a der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG für die Lieferung von "Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder ähnlichen Formen" der Unterpos. 4401 10 00 KN den ermäßigten Steuersatz vor. Der BFH hat nun entschieden, dass nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift Holzhackschnitzel hiervon nicht erfasst werden. Da "Holz in Form von Schnitzeln" in die Unterpos. 4401 21 oder 4401 22 KN einzureihen ist, verbietet sich die Annahme, Holzhackschnitzel könnten als Brennholz "in ähnlicher Form" wie Rundlinge, Scheite etc. der Unterpos. 4401 10 00 KN angesehen werden.

Im Streitfall gehörten die gelieferten Holzhackschnitzel auch nicht zu den in Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG beschriebenen Gegenständen. Zu diesen gehören "Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst" der Unterpos. 4401 30 KN, die in der im Streitjahr geltenden Fassung der KN hinsichtlich der Warenbeschreibung --allerdings unter Verlust ihrer bisherigen Positionsnummer-- inhaltlich unverändert geblieben ist, so dass sie für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes weiterhin herangezogen werden kann. Die Holzhackschnitzel des Streitfalls wurden jedoch nicht aus Sägespänen, Holzabfällen oder Holzausschuss hergestellt, sondern aus bei Waldarbeiten angefallenem Schnitt- und Kronenholz, bei dem es sich nicht um Abfälle oder Ausschuss, sondern um Rohholz der Pos. 4403 KN handelt.

Hinzu kommt, dass die Steuerermäßigung für die Lieferung in Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG genannter Waren der Unterpos. 4401 30 KN  nicht mit dem Unionsrecht in Einklang steht. Denn ermäßigte Steuersätze sind nach Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL nur auf die Lieferung von Gegenständen der in Anhang III der MwStSystRL genannten Kategorien anwendbar; hierzu gehört Holz (in jeglicher Form) jedoch nicht.

Mit der Aufnahme von Waren der Unterpos. 4401 30 KN in die Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist somit der nationale Gesetzgeber über die nach der MwStSystRL insoweit gewährten Möglichkeiten hinausgegangen.

Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Lieferungen lässt sich auch nicht auf Art. 122 MwStSystRL i.V.m. dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer stützen. Denn der Grundsatz der steuerlichen Neutralität lässt es nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Im Streitfall liegt in der Versagung des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferungen von Holzhackschnitzeln jedoch keine unzulässige Ungleichbehandlung im vorgenannten Sinn. Denn Waren, die gemäß Art. 98 Abs. 3 MwStSystRL nach den Bezeichnungen der KN voneinander abgegrenzt werden dürfen, sind nicht gleichartig und müssen deshalb umsatzsteuerrechtlich nicht gleich behandelt werden, wenn sie in unterschiedliche Unterpositionen der KN einzureihen sind. Im Streitfall lag keine Gleichartigkeit der in Betracht kommenden Waren vor, weil die seitens der Steuerpflichtigen gelieferten Holzhackschnitzel zolltariflich weder in die Unterpos. 4401 10 KN noch in die Unterpos. 4401 30 KN einzureihen sind, sondern in die Unterpos. 4401 21 oder 4401 22 KN.

BFH, Urteil vom 26.6.2018, VII R 47/17, veröffentlicht am 26.9.2018.

Verlag Dr. Otto Schmidt