Kein Räumungsanspruch der Miteigentümer gegen früheren Eigentümer
KG Berlin 10.9.2015, 8 U 94/15Die Kläger sind Mitglieder einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. ihre Klage war auf ein Hausverbot gegen die Beklagten gerichtet, deren Wohnungseigentum zuvor entzogen und zwangsversteigert worden war. Das LG hatte die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgten die Kläger ihre Anträge weiter. Sie beriefen sich auf Störungen des Gemeinschaftseigentums und machten geltend, Sinn und Zweck der §§ 18, 19 WEG würden unterlaufen, wenn ein Miteigentümer, dem wegen unzumutbaren Verhaltens das Eigentum entzogen wird, in der Wohnungseigentumsanlage wohnen bleiben dürfte. Die Erwerberin der Wohnung habe den Beklagten kein Recht zum Besitz eingeräumt und sei hierzu auch nicht berechtigt.
Das KG wies die Berufung der Kläger zurück.
Die Gründe:
Den Klägern stand gegen die Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung des Betretens und der sonstigen Nutzung des Gemeinschaftseigentums aus § 1004 BGB zu.
Von einem Störer kann grundsätzlich nur Unterlassung im Kern gleichartiger Verletzungshandlungen verlangt werden. Unterlassungsansprüche der Kläger waren deshalb nur bezogen auf konkrete Störungen möglich, die von den Beklagten über ihre bloße Anwesenheit hinausgingen. Solche Ansprüche, wie etwa auf das Unterlassen von Beleidigungen oder die Gewährung von Zugang zur von den Beklagten in Besitz genommenen Gemeinschaftsfläche, konnten die Kläger geltend machen und gegebenenfalls auch vollstrecken, was sie zumindest teilweise auch getan hatten. Der Umstand, dass die Vollstreckung durch Ordnungsmittel nach § 890 ZPO offenbar bis dahin nicht ausgereicht hatte, um die Beklagten von der Fortsetzung der störenden Handlung abzuhalten, konnte eine vollständige Zutrittsuntersagung nicht rechtfertigen.
Zwar kann gem. § 1 GewSchG der Aufenthalt an bestimmten Orten untersagt werden. Die Kläger hatten aber nicht geltend gemacht, dass die Voraussetzungen dafür vorlägen. Im Übrigen wäre durch ein Hausverbot gegenüber den Beklagten in den Kernbereich des Wohnungseigentums der Erwerberin der Wohnung eingegriffen worden. Denn es ist grundsätzlich allein Sache des jeweiligen Sondereigentümers, darüber zu entscheiden, wie er die Wohnung nutzt. Dieses Recht umfasst auch den ungehinderten Zugang Dritter zu der Wohnung des Eigentümers. Ist ein Zugang zu der Wohnung ohne Nutzung von Gemeinschaftsflächen nicht möglich, wovon hier mangels gegenteiligen Vortrags auszugehen war, gehört auch diese Nutzung der Gemeinschaftsflächen zu dem unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentums.
Ein Anspruch der Kläger auf Besitzaufgabe durch den von der Eigentumsentziehung betroffenen Eigentümer folgte auch nicht aus der Systematik und dem Sinn und Zweck des § 18 WEG. Denn Voraussetzung des § 18 WEG ist gerade nicht die Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens, sondern die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Eigentümergemeinschaft. Dies ist aber nicht identisch. Denn die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Eigentümergemeinschaft kann auch allein aus Aspekten folgen, die mit dem Zusammenleben nicht zusammenhängen. Beschränkt sich das unzumutbare Verhalten des Miteigentümers auf die Auseinandersetzung innerhalb der Eigentümergemeinschaft, wie in dem Fall des Regelbeispiels des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG, so besteht nach Entzug des Eigentums kein Grund für einen Anspruch auch auf Aufgabe des Besitzes, wenn der Erwerber diesen weiter einräumt. Dies zeigt, dass ein solcher Anspruch nicht unmittelbar aus § 18 WEG folgen kann, sondern allein aus einem Recht zur Abwehr konkreter Störungen.
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