21.10.2011

Keine Mietminderung wegen Bauarbeiten an benachbarter Kirche

Störungen des Mietgebrauchs durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück sind nur dann gewährleistungsrechtlich relevant, wenn der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages mit solchen Beeinträchtigungen nicht rechnen musste und sie deshalb als vertraglich ausgeschlossen zu gelten haben. Befindet sich auf dem Nachbargrundstück erkennbar ältere Bausubstanz, ist grundsätzlich mit Störungen durch Bau- und/oder Renovierungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück zu rechnen.

OLG Braunschweig 18.10.2011, 1 U 68/10
Der Sachverhalt:
Seit August 2009 finden an der Jacobikirche in Göttingen Sanierungsarbeiten statt. Hierzu wurden Kirche und Turm eingerüstet und mit einem durchsichtigen Bauzaun umgeben. Der in der Nähe (Weender Straße) angesiedelte beklagte Gastronomie-/Imbissbetrieb nahm die Bauarbeiten zum Anlass, die seiner Vermieterin, der Klägerin, geschuldete Miete erheblich zu kürzen.

Er begründete die Minderung damit, dass durch die mit den Bauarbeiten verbundenen Beeinträchtigungen eine Umsatzeinbuße von mehr als 30 Prozent eingetreten sei. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung der einbehaltenen Miete.

Das LG gab der Klage antragsgemäß statt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem OLG ohne Erfolg.

Die Gründe:
Eine Mietminderung erfordert grundsätzlich einen der Mietsache selbst anhaftenden Mangel. Ein solcher lag aber hier nicht vor, da kein Fehler an dem Geschäftslokal selbst (wie z.B. eine defekte Heizung) geltend gemacht wurde.

Außerhalb der Mietsache liegende tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse - wie hier die in Frage stehende Beeinträchtigung durch eine Baustelle - können nur dann ein zur Mietkürzung berechtigender Mangel sein, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache unmittelbar beeinträchtigen. Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, sind nicht als Mängel zu qualifizieren.

Störungen des Mietgebrauchs durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück sind nur dann gewährleistungsrechtlich relevant, wenn der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages mit solchen Beeinträchtigungen nicht rechnen musste und sie deshalb als vertraglich ausgeschlossen zu gelten haben. Befindet sich auf dem Nachbargrundstück erkennbar ältere Bausubstanz, ist grundsätzlich mit Störungen durch Bau- und/oder Renovierungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück zu rechnen.

Allerdings muss der Mieter auch in einer solchen Situation grundsätzlich nicht damit rechnen, dass das Publikum seines Gewerbes die gemieteten Räume überhaupt nicht oder nur unter Inkaufnahme gravierender Erschwernisse erreichen kann. Dass die von der Baustelle ausgehenden Beeinträchtigungen ein derart großes Ausmaß angenommen hätten, hat der beklagte Betrieb indes nicht hinreichend darlegen können.

OLG Braunschweig PM vom 21.10.2011