01.06.2012

Keine weiteren Stimmrechte bei nachträglicher Veräußerung ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer

Im Fall, dass ein Eigentümer sein Wohnungseigentum ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nachträglich aufteilt und die neu geschaffenen Einheiten an verschiedene Dritte veräußert, entstehen bei Geltung des Kopfstimmrechts keine weiteren Stimmrechte. Daran ändert auch die Zustimmung des Verwalters aufgrund eines in der Teilungserklärung enthaltenen Zustimmungserfordernisses nichts.

BGH 27.4.2012, V ZR 211/11
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, zu deren Wohnanlage ein Vorder- und ein Hinterhaus gehören. Das Vorderhaus besteht aus elf Einheiten, während das gesamte Hinterhaus die Einheit Nr. 12 bildet. Das Stimmrecht ist nicht geregelt. Die Veräußerung von Wohnungseigentum steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Verwalters.

Im Jahr 2009 teilte die Klägerin die in ihrem Eigentum stehende Einheit Nr. 12 ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer in neun selbständige Einheiten auf und veräußerte anschließend das neu geschaffene Wohnungseigentum Nr. 12 mit Zustimmung des Verwalters. In der anschließenden Eigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer, dass dem Erwerber der neuen Einheit Nr. 12 ein eigenes Stimmrecht nicht zustehe.

Die Klägerin sah die Veräußerung der von ihr geschaffenen Wohneinheiten gefährdet und wollte feststellen lassen, dass dem Erwerber der Einheit Nr. 12 ebenso wie den künftigen Erwerbern der weiteren Einheiten ein eigenes Stimmrecht zusteht. Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Obwohl in der Gemeinschaft gem. § 25 Abs. 2 S. 1 WEG das Kopfprinzip gilt, bei dem jeder Wohnungseigentümer eine Stimme hat, trat im vorliegenden Fall keine Stimmrechtsvermehrung ein.

Zwar bedarf die spätere Aufteilung und Veräußerung neu geschaffener Einheiten - vorbehaltlich einer Vereinbarung gem. § 12 WEG - nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer. Diese Befugnisse setzen aber voraus, dass der Status der übrigen Wohnungseigentümer gewahrt bleibt. Dies ist allerdings nur dann als gewährleistet anzusehen, wenn die ursprüngliche Stimmenzahl keine Änderung erfährt. Das bestehende Stimmrecht ist wegen der Selbständigkeit der neu geschaffenen Einheiten von deren Erwerbern nach Bruchteilen und nicht analog § 25 Abs. 2 S. 2 WEG zur gesamten Hand auszuüben; diese für das Objektstimmrecht bereits entschiedene Rechtsfolge gilt in gleicher Weise für das Kopfstimmrecht, wenn die neu geschaffenen Einheiten an unterschiedliche Erwerber veräußert werden.

Zwar kann bei der Geltung des Kopfstimmrechts eine nachträgliche Vermehrung von Stimmrechten eintreten, wenn ein Eigentümer mehrere Einheiten hält und diese sukzessive veräußert. Auf die spätere Schaffung neuer Einheiten ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer ist dies allerdings nicht übertragbar. Hält ein Eigentümer mehrere Einheiten, ist jederzeit damit zu rechnen, dass aufgrund des Kopfstimmrechts bei einer Veräußerung an Dritte neue Stimmrechte entstehen. Daran fehlt es aber, wenn - wie hier - eine Einheit nachträglich ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer aufgeteilt und die neu geschaffenen Einheiten veräußert werden. Ebenso wenig kann die Schutzbedürftigkeit der Erwerber solcher Einheiten über die der bisherigen Wohnungseigentümer gestellt werden.

Entgegen der Ansicht der Klägerin führte auch die Zustimmung des Verwalters zu der Veräußerung der neu geschaffenen Einheit Nr. 12 nicht zu der Entstehung eines weiteren vollen Stimmrechts. Das in der Teilungserklärung vorgesehene Zustimmungserfordernis bezog sich seiner Zweckrichtung nach nicht auf das Stimmrecht. Ein Zustimmungsvorbehalt gem. § 12 WEG soll es den Wohnungseigentümern nur ermöglichen, das Eindringen störender oder zahlungsunfähiger Personen in die Gemeinschaft zu verhindern. Liegen diese Voraussetzungen - wie hier - nicht vor, muss die Zustimmung erteilt werden. Die Stimmrechtsverhältnisse in der Gemeinschaft werden davon nicht berührt. Eine nachträgliche Vermehrung der Stimmrechte kann weder durch eine Zustimmung des Verwalters noch durch einen Mehrheitsbeschluss, sondern nur durch eine entsprechende Vereinbarung der Wohnungseigentümer erreicht werden.

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