25.03.2014

Kindsvater trägt bei positiver Vaterschaftsfeststellung nicht zwangsläufig die gesamten Verfahrenskosten

Die Frage, welche Kostenverteilung bei erfolgreichen Vaterschaftsfeststellungsverfahren billigem Ermessen entspricht, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten. Sollte der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft erfolgreich sein, entspricht es jedenfalls nicht billigem Ermessen, dem Kindesvater allein aufgrund seines Unterliegens die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn dieser berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft hatte.

BGH 19.2.2014, XII ZB 15/13
Der Sachverhalt:
Die im Februar 2007 als nichteheliches Kind geborene Antragstellerin hatte den Antragsgegner auf Feststellung seiner Vaterschaft in Anspruch genommen. Nachdem dieser sich auf Mehrverkehr der Kindsmutter und auf eine bei ihm bestehende Zeugungsunfähigkeit berufen hatte, holte das AG ein humangenetisches Abstammungsgutachten ein. Dieses führte zu einer Wahrscheinlichkeit der Abstammung des Kindes vom Antragsgegner von 99,999999 %. Die Kindsmutter hatte bereits zu Beginn des Verfahrens einen Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt.

AG und OLG stellten die Vaterschaft des Antragsgegners fest und belasteten ihn mit den gesamten Kosten des Verfahrens. Auf die allein gegen die Kostenentscheidung gerichtete Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hob der BGH den Beschluss auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Die Frage, welche Kostenverteilung bei erfolgreichen Vaterschaftsfeststellungsverfahren billigem Ermessen entspricht, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten. Der Senat hält es jedenfalls für verfehlt, bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis auszugehen. Denn die Vorschrift stellt es in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist.

Ist die Kostenentscheidung in das Ermessen des Tatrichters gestellt, kann die Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Letzteres war hier der Fall. Das Beschwerdegericht hatte bei seiner Entscheidung, die Verfahrenskosten vollständig dem Antragsgegner aufzuerlegen, allein auf den Erfolg des Feststellungsantrags abgestellt und damit nicht alle für die Ermessensentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte angemessen berücksichtigt.

Das Verfahren in Abstammungssachen ist jedoch nach der gesetzlichen Neuregelung in den §§ 169 ff. FamFG nicht mehr als streitiges Verfahren, das nach den Regelungen der Zivilprozessordnung geführt wird, sondern als ein einseitiges Antragsverfahren nach den Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgestaltet. Neben einer größeren Flexibilität des Verfahrens wollte der Gesetzgeber hierdurch erreichen, dass sich die Beteiligten in Abstammungssachen nicht als formelle Gegner gegenüberstehen. Daraus folgt, dass für die im Rahmen eines erfolgreichen Verfahrens zur Vaterschaftsfeststellung zu treffende Entscheidung über die Verfahrenskosten nicht mehr allein das Obsiegen oder Unterliegen der Beteiligten maßgeblich sein kann, wenn weitere Umstände vorliegen, die für eine sachgerechte Kostenentscheidung von Bedeutung sein können.

Infolgedessen hätte das Beschwerdegericht bei seiner Ermessensentscheidung nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass die Kindsmutter bereits zu Beginn des Verfahrens einen Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt hatte. Jedenfalls deshalb konnte der Antragsgegner vor Kenntnis vom Ergebnis des Abstammungsgutachtens nicht sicher sein, ob er der Vater der Antragstellerin ist. Ihm war aus diesem Grund auch nicht zuzumuten, das Verfahren durch eine urkundliche Anerkennung seiner Vaterschaft nach §§ 1594 Abs. 1, 1597 BGB zu vermeiden. Die Frage, inwiefern ein Beteiligter Anlass für die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens gegeben hat, ist indes ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 1 BGB von Bedeutung sein kann.

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