14.03.2013

Kleingartenvereine können nach Kündigung des Pachtverhältnisses Räumung des Grundstücks verlangen

Der Verpächter eines Kleingartens muss grundsätzlich nicht hinnehmen, dass der Pächter die in dessen Eigentum stehenden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen nach der Kündigung des Pachtverhältnisses auf dem Grundstück belässt. Vielmehr kann er vom Pächter die Entfernung dieser Sachen verlangen.

BGH 21.2.2013, III ZR 266/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Kleingartenverein. Dieser hatte an den Beklagten im Oktober 2002 einen Kleingarten i.S.d. Bundeskleingartengesetzes verpachtet. In dem Formular-Pachtvertrag war u.a. geregelt, dass der abgebende Pächter für den Fall, dass kein Nachpächter vorhanden ist, den Kleingarten bis zur Neuverpachtung unter Fortzahlung der vereinbarten Entgelte und Gebühren zu bewirtschaften oder die Baulichkeiten einschließlich Fundamente, befestigte Wege und Anpflanzungen zu entfernen und den Kleingarten im umgegrabenen Zustand zu übergeben hat.

Der Beklagte kündigte das Pachtverhältnis im November 2010 fristgerecht und bewirtschaftete den Kleingarten danach nicht mehr. Einen Nachpächter gab es nicht. Der Kläger verlangte vom Beklagten entweder die Bewirtschaftung des Kleingartens unter Tragung der damit verbundenen Entgelte und Gebühren oder die Entfernung sämtlicher auf der Parzelle befindlichen Baulichkeiten, Anpflanzungen, beweglichen Sachen einschließlich Fundamente sowie die Rückgabe der gesamten Parzelle im vollständig geräumten und umgegrabenen Zustand.

AG und LG wiesen die Klage mit der Begründung ab, die einschlägige Bestimmung im Pachtvertrag sei gem. § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Pächters unwirksam. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Urteil des LG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurück.

Die Gründe:
Die formularvertragliche Bestimmung im Pachtvertrag war nicht gem. § 307 Abs. 1 u. 2 BGB unwirksam.

Die Regelung stellt unter gebotener Berücksichtigung der Vorgaben des dispositiven Gesetzesrechts, des Zwecks eines Kleingartenpachtvertrags und der berechtigten Interessen beider Vertragsteile keine unangemessene Benachteiligung des Pächters dar. Werden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen von einem Pächter auf dem von ihm genutzten Grundstück eingebracht und mit diesem fest verbunden, so spricht eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Pachtverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck i.S.d. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB geschehen sollte, mit der Folge, dass diese eingebrachten Sachen als bloße "Scheinbestandteile" nicht gem. §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen, sondern im Eigentum des Pächters verbleiben. Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Gebäudes oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet.

Der Verpächter muss grundsätzlich nicht hinnehmen, dass der Pächter die in dessen Eigentum stehenden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen auf dem Grundstück belässt. Vielmehr kann er vom Pächter die Entfernung dieser Sachen verlangen. Darauf, ob die Baulichkeiten, Anlagen, Einrichtungen und Anpflanzungen der kleingärtnerischen Nutzung dienen oder nicht, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. § 596 Abs. 1 BGB, wonach der Pächter verpflichtet ist, die Pachtsache in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht - danach dürften bzw. müssten zumindest die üblichen Anpflanzungen auf dem Grundstück verbleiben -, ist nicht einschlägig.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen folgt eine Unwirksamkeit gem. § 307 Abs. 1 u. 2 BGB auch nicht aus dem Zweck des Kleingartenpachtvertrags und der Abwägung der berechtigten Interessen beider Vertragsteile. Denn will ein Pächter den Kleingartenpachtvertrag durch eigene Kündigung beenden und die Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen auf dem Grundstück belassen, findet sich jedoch kein Nachpächter, so kann er nicht darauf vertrauen, dass der verpachtende Verein und somit die Gemeinschaft der in der Anlage verbliebenen Kleingartenpächter - auf eigene Kosten - dafür sorgt, dass der Kleingarten ordnungsgemäß weiterbewirtschaftet wird oder die darauf befindlichen Sachen entfernt werden, um auf diese Weise einen Verfall der Baulichkeiten und Anlagen und eine "Verwilderung" des Kleingartens abzuwenden.

Dies mag für den Pächter im Einzelfall eine erhebliche Belastung darstellen. Es ist aber nicht zu verkennen, dass diese Belastung sonst den Verein träfe und kein tragfähiger Grund ersichtlich ist, warum das Kostenfreihaltungsinteresse des Pächters das Kostenfreihaltungsinteresse des verpachtenden Vereins überwiegen sollte. Werden Kleingartengrundstücke von Pachtwilligen in ausreichendem Maße nachgefragt, so wird es regelmäßig keine großen Schwierigkeiten bereiten, einen Nachpächter zu finden, der bereit ist, die vom Pächter eingebrachten oder übernommenen Sachen (gegen Zahlung eines Wertausgleichs) seinerseits zu übernehmen. Gibt es aber nur wenig oder gar keine Nachfrage, so könnte es für den Verein zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen, müsste er die Kosten für die Weiterbewirtschaftung oder die vollständige Räumung tragen.

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