16.12.2014

Maßnahmen bei Widerspruch zwischen Eintragungsvermerk und Eintragungsbewilligung

Ist bei der Buchung eines Rechts im Grundbuch ganz oder teilweise über den nach § 874 BGB zulässigen Umfang hinaus auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen worden, stellt sich die Eintragung des Rechts im Grundbuch selbst aber als inhaltlich zulässig dar, hat das Grundbuchamt von Amts wegen einen Vermerk in das Grundbuch einzutragen, durch den klargestellt wird, welche Teile der Eintragungsbewilligung nicht Inhalt des Grundbuchs geworden sind.

BGH 6.11.2014, V ZB 131/13
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Miteigentümer eines dienenden Grundstücks. Der Beteiligte zu 3) ist Eigentümer des Nachbargrundstücks bzw. herrschenden Grundstücks. Für den jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist im Grundbuch des dienenden Grundstücks seit März 1999 eine auf 99 Jahre befristete Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt eingetragen:

"Recht auf Nutzung als Spielfläche, Grünfläche, Kfz-Stellfläche, Bebauungsrecht."

Die Eintragung ist unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung erfolgt; diese hat u.a. folgenden Inhalt:

"Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist berechtigt, diejenige Teilfläche des dienenden Grundstücks, welche im anliegenden Lageplan schraffiert und mit den Buchstaben A-B-C-D-A gekennzeichnet ist, und welche eine Tiefe von zwanzig Metern, gerechnet ab der hinteren Grundstücksgrenze D-C hat, für die Dauer von 99 Jahren, gerechnet ab heute, unter Ausschluss des Eigentümers des dienenden Grundstücks in der nach den jeweils gültigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässigen Weise zu nutzen, insbesondere als Spielflache, Grünfläche, Kfz-Stellfläche oder durch Bebauung jedweder öffentlich-rechtlich zulässiger Art. Der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks hat dies zu dulden."

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragten, das Grundbuch des dienenden Grundstücks durch die Löschung der Eintragung der Grunddienstbarkeit gem. § 22 Abs. 1 S. 1, § 53 Abs. 1 S. 2 GBO zu berichtigen. Sie hielten die Eintragung der Dienstbarkeit für inhaltlich unzulässig, da sie jede beliebige Nutzung ermögliche; zudem sei auch der Inhalt des Bebauungsrechts nicht bestimmt.

Das Grundbuchamt wies den Antrag zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb vor dem OLG erfolglos. Und auch die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vor dem BGH hatte keinen Erfolg.

Gründe:
Die Eintragung war nicht zu löschen. Zwar lag dem angefochtenen Beschluss eine fehlerhafte Auslegung der bei der Eintragung der Grunddienstbarkeit in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung zugrunde. Unzutreffend war insofern die Annahme des Beschwerdegerichts, dass ein auf bestimmte Nutzungen beschränktes Recht bewilligt worden sei. Die Rechtsbeschwerde wies somit zu Recht darauf hin, dass nach der Eintragungsbewilligung dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks ein uneingeschränktes Nutzungsrecht an der Teilfläche des Grundstücks zustehen sollte, auf die sich die Ausübungsbefugnis aus der Dienstbarkeit beschränkt.

Der Senat durfte den Inhalt des Grundbuchs deshalb selbst auslegen. Die Beschreibung des Rechtsinhalts, dass der Berechtigte das dienende Grundstück unter Ausschluss des Eigentümers "in der nach den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässigen Art" nutzen darf, konnte infolgedessen nur so verstanden werden, dass der Berechtigte die Fläche, auf die sich die Dienstbarkeit bezieht, wie ein Eigentümer soll nutzen können. Deutlicher als in der gewählten Formulierung konnte der Wille, dem Dienstbarkeitsberechtigten alle dem Eigentümer nach § 903 S. 1 BGB zustehenden Nutzungsbefugnisse zu gewähren, kaum zum Ausdruck gebracht werden.

Etwas anderes ergab sich auch nicht aus dem Verweis auf die jeweils geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Das Recht des Dienstbarkeitsberechtigten ist nicht auf eine Nutzung des dienenden Grundstücks in einzelnen Beziehungen begrenzt, wenn bestimmt wird, dass die Nutzung nur im Rahmen der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässig ist. Ein unbeschränktes Nutzungsrecht kann auch dann nicht Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein, wenn seine Ausübung auf eine Teilfläche des dienenden Grundstücks begrenzt ist.

Der Fehler des Beschwerdegerichts bei der Auslegung der Eintragungsbewilligung wirkte sich jedoch nicht aus, weil nach dem Eintrag im Grundbuch nicht ein umfassendes Recht zur Nutzung des dienenden Grundstücks, sondern ein auf vier Nutzungen (als Spielfläche, Grünfläche, Kfz-Stellplatz und zur Bebauung) beschränktes Recht gebucht worden war. Das in dem Eintrag schlagwortartige bezeichnete Bebauungsrecht hat auch einen sachenrechtlich bestimmten Inhalt. Ist bei der Buchung eines Rechts im Grundbuch ganz oder teilweise über den nach § 874 BGB zulässigen Umfang hinaus auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen worden, stellt sich die Eintragung des Rechts im Grundbuch selbst aber als inhaltlich zulässig dar, hat das Grundbuchamt von Amts wegen einen Vermerk in das Grundbuch einzutragen, durch den klargestellt wird, welche Teile der Eintragungsbewilligung nicht Inhalt des Grundbuchs geworden sind.

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