16.04.2018

Mitwirkungspflichten bei der Entstehung einer Grunddienstbarkeit

Wer sich seinem Vertragspartner gegenüber zur Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts an seinem Grundstück verpflichtet hat, muss jedenfalls vor Eintritt der Verjährung des Rechtsverschaffungsanspruchs bei späteren Verfügungen über das Grundstück prüfen, ob die bewilligte Belastung in das Grundbuch eingetragen wurdet, und, wenn das noch nicht geschehen ist, die Verfügungen so gestalten, dass Eintragung des bewilligten Rechts möglich bleibt und nicht im Belieben eines Dritten steht.

BGH 19.1.2018, V ZR 273/16
Der Sachverhalt:
Im Februar 2006 hatte die Klägerin mit notariellem Vertrag von zwei Verkäuferinnen jeweils Teilflächen benachbarter Grundstücke gekauft, darunter von der beklagten Wohnungsbaugesellschaft eine Teilfläche von 442 m² Größe für rund 1,4 Mio. €. In dem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht an der ihr verbliebenen Teilfläche in der Form einer Grunddienstbarkeit einzuräumen. Der Kaufvertrag wurde vollzogen. Zu der Eintragung der - von der Beklagten in dem Kaufvertrag bewilligten - Grunddienstbarkeit kam es bislang nicht.

Die Beklagte verkaufte und übereignete das ihr verbliebene Grundstück im September 2011 an die H-GmbH & Co. KG. Im Juli 2014 verkaufte die Klägerin das von der Beklagten erworbene Grundstück an die S-AG. Dabei stellte sich heraus, dass die Grunddienstbarkeit nicht eingetragen war. Die Klägerin nahm Kontakt zu der KG auf, die ihre Bereitschaft signalisierte, die Grunddienstbarkeit nachträglich zu bestellen, dann aber auf einen Vertragsentwurf seitens der Klägerin nicht mehr reagierte.

Die Klägerin verlangte von der Beklagten, an dem Grundstück der KG eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks der AG mit dem in dem Kaufvertrag aus dem Jahr 2006 beschriebenen Inhalt bestellen zu lassen, insbesondere eine Bewilligung durch die KG herbeizuführen, hilfsweise, sie von Schadensersatzansprüchen der AG freizustellen. LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH die Urteile der Vorinstanzen auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Gründe:
In der Sache konnte der Hauptantrag nicht mit der im Berufungsurteil gegebenen Begründung abgewiesen werden. Entgegen der Annahme des OLG scheitert der von der Klägerin mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch auf Verschaffung der Grunddienstbarkeit auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht am Unvermögen der Beklagten.

Das Berufungsgericht ging zwar zutreffend davon aus, dass die Klägerin von der Beklagten weiterhin die Verschaffung der in dem Kaufvertrag der Parteien vereinbarten Grunddienstbarkeit verlangen kann. Das versteht sich allerdings nicht von selbst. Die Beklagte hatte nämlich die vereinbarte Grunddienstbarkeit in dem Kaufvertrag der Parteien aus Februar 2006 bereits bewilligt und damit alles getan, was ihrerseits zur Erfüllung ihrer Verpflichtung erforderlich war. Denn dazu gehören bei der Begründung eines beschränkten dinglichen Rechts an einem Grundstück nur die Abgabe der Eintragungsbewilligung und die Beseitigung etwa vorhandener grundbuchrechtlicher Eintragungshindernisse, etwa der fehlenden Voreintragung (§ 39 Abs. 1 GBO), nicht dagegen die für die Entstehung des beschränkten dinglichen Rechts nach § 873 Abs. 1 BGB erforderliche Eintragung. Diese ist eine behördliche Tätigkeit, die der Schuldner aus Rechtsgründen nicht besorgen kann und die vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien der Gläubiger zu veranlassen hat.

Dieser Umstand führt aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dazu, dass sie nicht mehr verpflichtet wäre, weiter an der Entstehung der Grunddienstbarkeit mitzuwirken. Jeder Vertragspartner hat nämlich im Rahmen des Zumutbaren den ihm bekannten Interessen des anderen Rechnung zu tragen. Die Vertragspartner sind zum einen verpflichtet, an der Erreichung und Verwirklichung von Ziel und Zweck des Vertrages mitzuwirken und sich, soweit sich dies mit den eigenen Interessen vernünftigerweise vereinbaren lässt, gegenseitig zu unterstützen. Sie haben zum anderen alles zu unterlassen, was die Erreichung des Vertragszwecks und den Eintritt des Leistungserfolgs gefährden oder beeinträchtigen könnte.

Wer sich seinem Vertragspartner gegenüber zur Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts an seinem Grundstück verpflichtet hat, muss jedenfalls vor Eintritt der Verjährung des Rechtsverschaffungsanspruchs bei späteren Verfügungen über das Grundstück prüfen, ob die bewilligte Belastung in das Grundbuch eingetragen worden ist, und, wenn das noch nicht geschehen ist, die Verfügungen so gestalten, dass Eintragung des bewilligten Rechts möglich bleibt und nicht im Belieben eines Dritten steht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte dieser Pflicht jedoch nicht entsprochen. Denn danach hängt die Begründung der Grunddienstbarkeit, zu deren Bestellung sich die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet hat, nunmehr von der Mitwirkungsbereitschaft der KG ab.

Auch eine nach § 249 Abs. 1 BGB entstehende Pflicht zur Rechtsverschaffung entfällt zwar gem. § 275 Abs. 1 Fall 1 BGB bei einem Unvermögen des Schuldners. Das OLG verkannte jedoch die Anforderungen an die Darlegung des Unvermögens durch den Schuldner und an den Nachweis des Unvermögens. Denn ist die Unmöglichkeit - wie bei Ansprüchen aus § 311a Abs. 2 BGB oder aus § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB - anspruchsbegründende Voraussetzung, nimmt der BGH zwar, um die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Gläubigers nicht zu überspannen, in ständiger Rechtsprechung an, dass die Weiterveräußerung die Unmöglichkeit indiziert, sofern der Schuldner nicht darlegt, dass er zur Erfüllung willens und in der Lage ist. Diese Indizwirkung gilt indessen nicht für den Schuldner, der wie die Beklagte hier - dem Leistungsanspruch des Gläubigers den Einwand des Unvermögens aus § 275 Abs. 1 BGB entgegenhält.

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