17.10.2011

Nach Aushändigung steht Notaren trotz Auftragsrücknahme Entwurfsgebühr zu

Dem Notar steht die Entwurfsgebühr gem. § 145 Abs. 1 S. 1 KostO zu, wenn er bei einem nicht beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäft zugleich mit dem Auftrag auf Beurkundung einen solchen auf Entwurfsfertigung erhält und nach Aushändigung des Entwurfs der Beurkundungsauftrag zurückgenommen wird. Ansonsten führte dies dazu, dass die bis zur Rücknahme erbrachten "Vorleistungen" unentgeltlich von der Kostenschuldnerin entgegen genommen würden und künftig von einer Vielzahl von Kostenschuldnern in Anspruch genommen werden könnten.

OLG Stuttgart 20.9.2011, 8 W 327 - 328/11 u.a.
Sachverhalt:
Der klagende Notar hatte im Dezember 2009 für die Kostenschuldnerin Entwürfe einer General- und Vorsorgevollmacht sowie eines Testaments angefertigt und übersandte diese kurz darauf mit Begleitschreiben zur Kenntnisnahme und Durchsicht. Zu einer Beurkundung kam es in der Folgezeit nicht. Daraufhin erstellte der Notar im Januar 2010 Kostenrechnungen über insgesamt rund 1.308 €. Erhoben wurde jeweils eine Entwurfsgebühr gem. § 145 Abs. 1 S. 1 KostO unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 450.000 €. Die Kostenrechnungen wurden von der Kostenschuldnerin Ende Januar 2010 beglichen.

Ende März 2010 legte die Kostenschuldnerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten "Kostenbeschwerde" ein und forderte die Erstattung der bezahlten Rechnungsbeträge. Das LG entschied nach Anhörung des Bezirksrevisors und Durchführung einer Beweisaufnahme dahingehend, dass lediglich die 0,25-Gebühr nach § 130 Abs. 2 KostO (Rücknahme des Beurkundungsauftrags) von jeweils 138 € zuzüglich Portoauslagen und Umsatzsteuer, insgesamt also rund 437 € in Ansatz gebracht werden könne. Der Notar wurde angewiesen, den zu viel empfangenen Betrag zurückzuerstatten.

Auf die hiergegen gerichtete und auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde eingelegte Beschwerde des Notars hob das OLG die Anweisung an den Kostengläubiger auf Rückerstattung auf. Allerdings wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Gründe:
Der Rechtsauffassung des LG, dass lediglich eine 0,25-Gebühr nach §§ 130 Abs. 2, 32 KostO für den Entwurf der General- und Vorsorgevollmacht sowie des Testaments wegen der Zurücknahme des Beurkundungsauftrags in Ansatz zu bringen war, konnte sich der Senat nicht anschließen.

Schließlich führte dies dazu, dass die vom Kostengläubiger bis zur Rücknahme erbrachten "Vorleistungen" in Form der Erstellung und Übersendung der Entwürfe unentgeltlich von der Kostenschuldnerin entgegen genommen würden und künftig von einer Vielzahl von Kostenschuldnern in Anspruch genommen werden könnten, indem sie zur Vorbereitung eines Beurkundungstermins den Entwurf der - wie hier - nicht beurkundungspflichtigen Willenserklärungen oder Verträge anfertigen und sich aushändigen lassen, um danach die Beurkundung abzusagen und die Leistung des Notars für sich zu verwenden.

Dies widerspricht der BVerfG-Rechtsprechung. Danach folgt aus Art. 3 S. 1 GG, dass Gebühren nicht völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt werden dürfen und dass die Verknüpfung zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in einer Weise sich gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgemäß erweist. Bei gleichartig beschaffenen Leistungen, die rechnerisch und finanziell in Leistungseinheiten erfasst werden können, hat danach die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern gewahrt zu bleiben. Danach war der Anwendungsbereich des § 145 Abs. 1 S. 1 KostO auf die vorliegende Fallkonstellation auszudehnen.

Gerade im Hinblick auf die BVerfG-Rechtsprechung kann die zu verlangende Gebührengleichheit nur dazu führen, dass der Entwurf eines nicht beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäfts nach § 145 Abs. 1 S. 1 KostO zu vergüten ist, wenn die Aushändigung - wie hier - vom Auftraggeber verlangt wurde. Es kann insoweit auch keinen Unterschied machen, ob der mit dem Auftrag auf Entwurfsfertigung und -aushändigung gestellte Antrag auf Beurkundung vor oder erst nach der Entwurfsaushändigung zurückgenommen wird. Denn die zeitliche Abfolge hat weder Einfluss auf die Arbeitsleistung des Notars noch auf die damit übernommene rechtliche Verantwortung.

Linkhinweis:

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