29.11.2012

Notarbeschwerdeverfahren: Erklärungen können neben Beanstandungen auch Zurückweisungen enthalten

Der BGH hat in einer Entscheidung festgestellt, dass eine Erklärung neben einer Beanstandung gem. § 180 S. 2 BGB auch eine Zurückweisung gem. § 174 BGB enthalten kann, sofern aus ihr eindeutig hervorgeht, dass das Bestehen der Vertretungsmacht bemängelt und zugleich das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird. Der Mangel der Vertretungsmacht kann nicht rückwirkend geheilt werden.

BGH 25.10.2012, V ZB 5/12
Der Sachverhalt:
In dem vorliegenden Fall ging es um einen Grundstücksverkauf. Die Vorkaufsberechtigte ist eine Genossenschaft, die nach ihrer Satzung entweder durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten werden muss. Die Vorkaufsverpflichteten schlossen mit einem Drittkäufer im Mai 2011 einen notariellen Kaufvertrag über den Grundbesitz. Im Juni 2011 setzte der Notar die Vorkaufsberechtigte über den Kaufvertrag und die gesetzliche Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts in Kenntnis.

Anfang August 2011 erklärte ein Rechtsanwalt im Namen der Vorkaufsberechtigte die Ausübung des Vorkaufsrechts. Der Erklärung war eine Vollmacht beigefügt, die ein Vorstandsmitglied und eine Prokuristin der Genossenschaft unterzeichnet hatten. Die Vorkaufsverpflichteten wiesen die Ausübungserklärung mangels Vollmachtsurkunde als unwirksam zurück; die Prokura sei nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen, so dass keine wirksame Vollmacht vorliege. Tatsächlich war die Prokura allerdings vor Unterzeichnung der Vollmacht erteilt worden. Sie wurde jedoch erst Mitte August 2011 in das Genossenschaftsregister eingetragen.

Ende August 2011 teilten die Vorkaufsverpflichteten dem Rechtsanwalt mit, sie seien nunmehr mit der Übertragung des Eigentums an die Vorkaufsberechtigte einverstanden. Kurz darauf kündigte der Notar allen Beteiligten den Erlass eines Vorbescheids mit dem Inhalt an, dass er beabsichtige, den zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern geschlossenen notariellen Kaufvertrag zu vollziehen. Das LG gab der hiergegen gerichteten Beschwerde der Vorkaufsberechtigten statt und wies den Notar an, die Abwicklung des Kaufvertrags zu unterlassen. Auf die Rechtsbeschwerde der Drittkäufer hob der BGH den Beschluss auf und wies die Beschwerde zurück.

Die Gründe:
Das Beschwerdegericht hatte den Notar zu Unrecht angewiesen, die Abwicklung des notariellen Kaufvertrags zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern zu unterlassen.

Das Beschwerdegericht hatte die Schreiben der Vorkaufsverpflichteten dahingehend ausgelegt, dass die Zurückweisung der Ausübungserklärung nicht auf die unterbliebene Vorlage einer Vollmachtsurkunde gem. § 174 S. 1 BGB gestützt worden sei, sondern allein auf die fehlende Vertretungsmacht. Ob diese Auslegung der revisionsrechtlich eingeschränkten Nachprüfung standhalten kann, ist allerdings zweifelhaft. Denn eine Erklärung kann neben einer Beanstandung gem. § 180 S. 2 BGB auch eine Zurückweisung gem. § 174 BGB enthalten, sofern aus ihr eindeutig hervorgeht, dass das Bestehen der Vertretungsmacht bemängelt und zugleich das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird.

Das Beschwerdegericht ließ zudem außer Acht, dass bei einer Untervertretung nicht nur die Vertretungsmacht des Untervertreters, sondern auch die des Hauptvertreters durch Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden muss. Im Hinblick darauf könnte dem Schreiben seinem Wortlaut entsprechend zu entnehmen sein, dass die Vorkaufsverpflichteten die Vollmacht anzweifeln und die Erklärung zugleich wegen des fehlenden Nachweises der aus dem Genossenschaftsregister nicht ersichtlichen Prokura zurückweisen wollten. Letztlich hatten die Vorkaufsverpflichteten die Vertretungsmacht gem. § 180 S. 2 BGB beanstandet mit der Folge, dass die Ausübungserklärung gemäß § 180 S. 1 BGB unwirksam ist. Die Vertretungsmacht des Rechtsanwalts konnte nicht weiter gehen als die Hauptvollmacht.

Wegen der fehlenden Eintragung der Prokura in das Genossenschaftsregister und der fehlenden Kenntnis der Vorkaufsverpflichteten von der tatsächlichen Erteilung muss sich die Vorkaufsberechtigte so behandeln lassen, als habe sie keine Prokura erteilt. War die Prokura danach als fehlend anzusehen, hat die Beanstandung der Vorkaufsverpflichteten was das Berufungsgericht übersehen hat gem. § 180 S. 1 u. 2 BGB zu der Unwirksamkeit der Ausübungserklärung geführt. Eine Beanstandung hat bei fehlender Vertretungsmacht die gleiche Wirkung wie eine Zurückweisung gem. § 174 S. 1 BGB. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts haben die Erklärungen der Vorkaufsverpflichteten Ende August 2011, mit denen sie zum Ausdruck gebracht hatten, an der Beanstandung nicht mehr festzuhalten, den Mangel der Vertretungsmacht nicht rückwirkend geheilt.

Linkhinweis:

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