30.08.2016

OLG Hamm präzisiert das Kostenprivileg für die Landwirtschaft

Das in § 48 Abs. 1 GNotKG geregelte Kostenprivileg für die Landwirtschaft gilt nicht generell für sämtliche gerichtliche Verfahren, die einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb betreffen. Es ist eng auszulegen und erfasst nur die im Zusammenhang mit der Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes stehenden Verfahren, nicht aber den Abschluss eines Übertragungsvertrages ohne Fortführung des Hofes oder die Erklärung, dass die Hofeigenschaft entfallen soll und der Hofvermerk zu löschen ist.

OLG Hamm 11.8.2016, 10 W 14/16 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ 10 W 23/16 +++
Im Verfahren Az.: 10 W 23/16 hatte der Antragsteller, der Eigentümer einer landwirtschaftlichen Besitzung in Südlohn ist, im Jahr 2014 die Löschung des Hofvermerks erklärt, die das AG - Landwirtschaftsgericht - Borken sodann im Grundbuch eingetragen hat. Die für die Eintragung zu zahlenden Gerichtskosten betrugen bei einer - in Anwendung des Kostenprivilegs erfolgten - Festsetzung des Geschäftswerts nach dem einfachen Einheitswert (ca. 3.600 €) 63,50 € und bei der Festsetzung des Geschäftswertes - ohne Berücksichtigung des Kostenprivilegs - nach einem Wert von 20 % des Verkehrswertes der landwirtschaftlichen Besitzung (50.000 €) 273 €.

+++ 10 W 14/16 +++
Im Verfahren Az.: 10 W 14/16 hat der Eigentümer einer landwirtschaftlichen Besitzung in Ahlen, die ein eingetragener Hof i.S.d. Höfeordnung mit einer Größe von ca. 50 ha war, seinen Besitz mit notariellem Vertrag aus dem Jahr 2015 auf seine Tochter übertragen. Seinerzeit waren die zuvor an den Sohn verpachteten landwirtschaftlichen Flächen des Hofes bis zum Jahre 2021 an einen Dritten verpachtet worden. Scheune und Schweinestall waren ebenfalls bis dahin anderweitig vermietet.

Auf Antrag des Eigentümers und seiner Tochter hat das AG - Landwirtschaftsgericht - Borken im Jahr 2015 die Genehmigungsfähigkeit des Übertragungsvertrages geprüft. Das Verfahren endete mit einer Antragsrücknahme, weil Bedenken gegen die Wirtschaftsfähigkeit der Übernehmerin nicht ausgeräumt werden konnten. Im Anschluss daran hat das AG über die Kosten des Verfahrens entschieden und den Geschäftswert für das Genehmigungsverfahren ausgehend vom Verkehrswert der landwirtschaftlichen Besitzung auf ca. 2,2 Mio. € festgesetzt. Auf der Grundlage dieses Geschäftswertes betrugen die von den Beteiligten zu zahlenden Gerichtskosten ca. 4.830 €.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Beteiligten, die insbesondere eine Festsetzung des Geschäftswertes gem. § 48 Abs. 1 GNotKG nach dem Einheitswert von ca. 63.000 € begehrten. Hiernach fielen Gerichtskosten von nur 333 € an.

Das OLG hat in beiden Fällen die Anwendung des Kostenprivilegs verneint. Die Beschlüsse sind rechtskräftig.

Die Gründe:

+++ 10 W 23/16 +++
Der Antragsteller muss die Kosten nach einem Geschäftswert von 50.000 € zahlen. Die Bemessung des Geschäftswertes nach dem Einheitswert des Hofes gem. § 48 Abs. 1 GNotKG kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des Kostenprivilegs nicht vorlagen.

Zwar war ein landwirtschaftlicher Betrieb mit einer Hofstelle betroffen. Jedoch privilegiert § 48 Abs. 1 GNotKG nicht generell die Landwirte oder sämtliche gerichtliche oder notarielle Verfahren, die land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitz betreffen. Vielmehr werden unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen allein die im Zusammenhang mit der Übergabe oder der Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes stehenden Verfahren privilegiert.

Schließlich dient die Vorschrift der Erhaltung und Fortführung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe im Familienbesitz. Insofern ist es erforderlich, dass der Betrieb unmittelbar nach der Übergabe durch den Erwerber fortgeführt wird und nicht nur einen unwesentlichen Teil seiner Existenzgrundlage bildet. Diese Voraussetzungen sind in einem Verfahren, in dem das Grundbuchamt auf Antrag des Eigentümers um die Löschung des Hofvermerks ersucht wird, jedoch nicht erfüllt.

+++ 10 W 14/16 +++
Das Kostenprivileg gem. § 48 Abs. 1 GNotKG war ebenfalls nicht anwendbar. Zwar war auch hier ein landwirtschaftlicher Betrieb mit einer Hofstelle betroffen. Der Betrieb wurde aber nach der Übergabe an die Tochter nicht von dieser selbst fortgeführt und stellt keinen wesentlichen Teil ihrer Existenzgrundlage dar. Abzustellen war vielmehr auf den Zeitpunkt der Übernahme im Jahr 2015. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Tochter den Betrieb ihres Vaters nicht unmittelbar fortgeführt. Das war ihr bereits wegen des bestehenden langfristigen Pachtvertrages nicht möglich gewesen. Ihr nicht näher konkretisierter Hinweis auf die Möglichkeit, den Betrieb nach der Beendigung oder Auflösung des Pachtvertrages irgendwann selbst zu führen, genügte in diesem Zusammenhang nicht aus.

OLG Hamm PM vom 29.8.2016
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