23.11.2015

Pfändungs- und Überweisungsbeschluss: Ausschließliche Nutzung des Antragsformulars zur Forderungsaufstellung

Bietet das Antragsformular gem. Anlage 2 zu § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV hinsichtlich der Forderungsaufstellung eine vollständige Eintragungsmöglichkeit, ist ausschließlich das vorgegebene Formular zu nutzen. Nur soweit für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular besteht, kann ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage genutzt werden.

BGH 4.11.2015, VII ZB 22/15
Der Sachverhalt:
Die Gläubigerin begehrt den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB). Ihr steht gegen die Schuldnerin ein durch Vollstreckungsbescheid titulierter Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für Telekommunikationsdienstleistungen für sechs Monate aus dem Jahr 2014 in einer Gesamthöhe von rd. 223 € sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 70 € zu.

Wegen dieser Forderungen sowie wegen des ebenfalls mit dem Vollstreckungsbescheid titulierten Anspruchs auf Zahlung von Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2014 aus einem Teilbetrag i.H.v. rd. 196 € beantragte die Gläubigerin bei dem Amtsgericht die Pfändung und Überweisung der Forderungen der Schuldnerin gegen die C-Bank. Hierzu nutzte die Gläubigerin das nach Anlage 2 zu § 2 S. 1 Nr. 2 Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV) in der Fassung vom 16.6.2014 vorgegebene Formular. Auf Seite 3 des Formulars nahm die Gläubigerin keine Eintragung zur Forderungshöhe vor; stattdessen verwies sie ausschließlich auf eine als Anlage beigefügte Forderungsaufstellung.

AG und LG wiesen den Antrag auf Erlass eines PfÜB zurück. Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Antrag auf Erlass des PfÜB entspricht nicht der nach § 829 Abs. 4 S. 2 ZPO, § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV i.V.m. Anlage 2 ZVFV, § 5 ZVFV vorgeschriebenen Form und war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Das BMJV ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines PfÜB einzuführen. Soweit Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen, § 829 Abs. 4 S. 2 ZPO. Nach § 2 S. 1 Nr. 2, § 5 ZVFV ist für Anträge auf Erlass eines PfÜB seit dem 1.11.2014 verbindlich das in Anlage 2 zur ZVFV in der Fassung vom 16.6.2014 vorgegebene Antragsformular zu nutzen. Nur soweit für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular besteht, kann ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage genutzt werden, § 3 Abs. 3 S. 1 ZVFV. Auf diese Ausnahme vom Formularzwang wird der Antragsteller auf Seite 1 und insbesondere hinsichtlich der Angabe der zu vollstreckenden Forderungen auf Seite 3 des Formulars hingewiesen.

Diese aufgrund der Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vom 16.6.2014 nunmehr vorgesehene Möglichkeit, Freifelder oder Anlagen zu nutzen, soweit das Formular keine zweckmäßigen Eintragungen zulässt, soll der Rechtsprechung des BGH zu § 2 Nr. 2, § 3 ZVFV in der bis zum 25.6.2014 geltenden Fassung. Rechnung tragen. Danach ist der Gläubiger vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In diesen seinen Fall nicht zutreffend erfassenden Bereichen ist es nicht zu beanstanden, wenn er in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist. An diesen Grundsätzen für die Nutzung des Formulars hält der Senat auch für das nunmehr verbindlich vorgegebene Formular fest.

Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Das nach Anlage 2 zu § 2 S. 1 Nr. 2 ZVFV vorgegebene Formular erfasst den Fall der Gläubigerin vollständig. Es bietet für den von der Gläubigerin gestellten Antrag auch hinsichtlich der Forderungsaufstellung auf Seite 3 umfassende und zweckmäßige Eintragungsmöglichkeiten. Der Verwendung einer zusätzlichen Anlage bedurfte es nicht. Die Summe der Hauptforderungen i.H.v. 223 € hätte in der ersten Zeile auf Seite 3 des Formulars eingetragen werden müssen. Zwar bietet das Formular im Folgenden nicht die Möglichkeit, ausgerechnete Zinsen für die jeweiligen Teilforderungen und zusätzlich weiter laufende Zinsen aufzuführen. In Anbetracht des einheitlichen Zinslaufs kann jedoch die Zinsforderung in der vierten Zeile auf Seite 3 vollständig wie folgt erfasst werden: Nach dem vorgegebenen Text "über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus/aus" wäre der Teilbetrag i.H.v. 196 € und im Anschluss an den vorgegebenen Text "seit dem" das Datum des Beginns der Verzinsung, nämlich der 21.11.2014, einzutragen gewesen. Indem nur ein Zinsbeginn, aber kein Zinsende eingetragen wird, wird dabei deutlich, dass wegen fortlaufender Zinsen gepfändet werden soll.

Für die weiteren Ansprüche, wegen derer die Gläubigerin den Erlass des PfÜB begehrt, bestehen ebenfalls zweckmäßige und vollständige Eintragungsmöglichkeiten: Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 70 € wären in der sechsten Zeile und die festgesetzten Kosten i.H.v 84 € in der achten Zeile aufzuführen gewesen. In der zehnten Zeile hätte die Gläubigerin die Zinsen auf die festgesetzten Kosten mit Zinsbeginn seit dem 5.2.2015, in der elften Zeile die bisherigen Vollstreckungskosten i.H.v. 38 € und schließlich in der Summenzeile die Gesamtsumme von 415 € eintragen müssen. In Anbetracht des deutlich gestalteten Hinweises in Zeile 13, nach dem eine Anlage nur zulässig ist, wenn in der vorgegebenen Aufstellung die erforderlichen Angaben nicht oder nicht vollständig eingetragen werden können, bestand für die Gläubigerin auch keine Unsicherheit darüber, ob die verbindlich vorgegebene Forderungsaufstellung auf Seite 3 zu nutzen ist, oder ob auf eine in Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen werden darf.

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