Pflicht zum Gentest kann auch mutmaßliche Halbgeschwister treffen
OLG Oldenburg 15.8.2017, 4 UF 106/17Die 42-jährige Antragstellerin wollte ihre Abstammung aufklären. Aufgrund eines Gentests stand bereits fest, dass der Ehemann ihrer Mutter nicht ihr leiblicher Vater sein konnte. Auf Befragen konnte der nichtleibliche Vater aber von einem Seitensprung der Mutter mit einem Dritten berichten. Dieser dürfte nach seiner Ansicht der leibliche Vater der Antragstellerin sein. Eine Gen-Probe konnte diesem Mann aber nicht mehr entnommen werden, da er bereits verstorben war.
Die Antragstellerin drängte darauf, dass die zwei Söhne des vermeintlichen Vaters verpflichtet werden sollten, Genmaterial abzugehen. Das Familiengericht kam dem Begehren nach. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Söhne. Sie waren der Ansicht, dass die Vermutung, ihr Vater sei auch der Vater der Klägerin, vollkommen ins Blaue hinein erfolgt sei. Außerdem habe die Antragstellerin sich jahrelang nicht um ihre Abstammung gekümmert. Eine Verpflichtung zur Abgabe einer Gen-Probe sei daher insgesamt nicht zumutbar. Beide haben nach einem entsprechenden Hinweis des OLG ihre Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung allerdings zurückgenommen.
Die Gründe:
In dem vorliegenden Verfahren sprach einiges dafür, dass der Verstorbene der Vater ist. So konnte ein Zeuge u.a. über einen Brief des Verstorbenen an die Mutter berichten, der eine Vaterschaft nahelegte.
Schließlich war die Klärung der Abstammung gegenüber dem Interesse der leiblichen Söhne, mit der Sache nicht behelligt zu werden, als übergeordnet zu bewerten. Denn das Wissen um die eigene Herkunft ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität. Die Unmöglichkeit, die eigene Abstammung zu klären kann einen einzelnen Menschen erheblich belasten und verunsichern. Die beiden Brüder müssen dagegen nur einen geringen Eingriff dulden, der keine erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Dies ist durchaus zumutbar.