02.10.2012

Rechtsanwälte müssen notfalls weitere Faxnummer im Internet recherchieren

Zwar dürfen nach gefestigter Rechtsprechung die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels Telefax herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Von Rechtsanwalt, dem es trotz zahlreicher Anwählversuche nicht gelingt, einen Fristverlängerungsantrag am letzten Tag der Frist per Telefax an eine vom Berufungsgericht genannte Telefaxnummer zu übermitteln, kann allerdings verlangt werden, über den Internetauftritt des Gerichts eine weitere Faxnummer zu ermitteln.

BGH 5.9.2012, VII ZB 25/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G-GmbH. Er hatte vom Beklagten restlichen Werklohn begehrt. Das LG wies die Klage ab. Dieses Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 6.12.2011 zugestellt. Am 5.1.2012 legte dieser fristgerecht per Telefax Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 6.2.2012, per Telefax eingegangen am 7.2.2012, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die am 6.2.2012 ablaufende Berufungsbegründungsfrist wegen Arbeitsüberlastung um einen Monat zu verlängern.

Nach Hinweis des OLG auf die Verfristung der Berufungsbegründung wegen des erst nach Fristablauf eingegangenen Fristverlängerungsantrags, machte wandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers ein, dass eine fristgerechte Übermittlung des Fristverlängerungsantrags nicht möglich gewesen sei. Es sei 17-mal erfolglos versucht worden, das Fristverlängerungsgesuch an die Telefaxnummer des Berufungsgerichts zu übersenden. Alle Versuche scheiterten allerdings. Als Antwort sei bei allen Faxberichten als Ergebnis "# 0018 besetzt/keine Antwort" gekommen.

Das OLG wies den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung ab und verwarf die Berufung des Klägers als unzulässig. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO war nicht zu gewähren, da der Kläger die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft nicht eingehalten hatte. Das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten war ihm gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

Zwar dürfen nach gefestigter Rechtsprechung die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels Telefax herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Dies gilt insbesondere für Störungen des Empfangsgeräts des Gerichts. Die Gerichte dürfen die Anforderungen an die dem Prozessbevollmächtigten obliegende Sorgfalt nicht überspannen. Von einem Prozessbevollmächtigten kann allerdings verlangt werden, dass er eine Beschwerde per Fax beim Beschwerdegericht einlegt, wenn es ihm nicht gelingt, eine entsprechende Verbindung zum Prozessgericht herzustellen. Dies ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden.

Auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte aus einer allgemein zugänglichen Quelle - nämlich dem Internetauftritt des Berufungsgerichts - eine weitere Telefaxnummer in Erfahrung bringen und den Verlängerungsantrag an dieses Empfangsgerät versenden können. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten des Klägers angenommen wird, dass die Mitteilung des Berufungsgerichts bezüglich des Eingangs der vom Kläger eingelegten Berufung die Telefaxnummer enthielt, die der Prozessbevollmächtigte am 6.2.2012 gewählt hatte, und wenn ferner angenommen wird, dass die missglückte Telefaxübermittlung an diese Nummer auf einen in der Gerichtssphäre liegenden Umstand zurückzuführen ist.

Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass eine Übermittlung des Fristverlängerungsantrags an die weitere Telefaxnummer noch im Laufe des 6.2.2012 gelungen wäre. Unerheblich war, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch deshalb zu versagen war, weil der Prozessbevollmächtigte nach 20.07 Uhr weitere Versuche hätte unternehmen müssen, den Fristverlängerungsantrag an die bislang gewählte Telefaxnummer zu senden.

Linkhinweis:

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