17.10.2011

Rheinschifffahrt stellt keinen Sachmangel dar

Wer eine unmittelbar am Rhein gelegene Wohnung besichtigt und anmietet, muss damit rechnen, dass es dort zu Emmissionen von Frachtschiffen kommen kann, auch wenn vielleicht beim Besichtigungstermin keine Schiffe vor Anker lagen. Selbst wenn der Mieter nicht aus Köln stammt, ist es allgemein bekannt, dass es sich beim Rhein um eine der meist befahrensten Schifffahrtstraßen Europas handelt und Schiffe bei Ruhepausen auch schon einmal am Ufer anlegen.

AG Köln 14.6.2011, 223 C 26/11
Der Sachverhalt:
Die Beklagte hatte im Juni 2009 eine Wohnung der Klägerin angemietet. Das Gebäude, in der sich die Wohnung befindet, liegt im Kölner Rheinauhafen zwischen Severinsbrücke und dem nördlichsten der drei sog. Kranhäuser. Im Mietvertrag war geregelt, dass dem Mieter bekannt ist, dass es zu unmittelbarer Nachbarbebauung kommen wird. Die Miete für die Wohnung beträgt 1.303 € bruttowarm. Vor Unterzeichnung des Mietvertrages war es zu mehreren Telefongesprächen zwischen der Beklagten und der mit der durch die Klägerin beauftragten Vermittlerin gekommen, deren genauer Inhalt im Einzelnen streitig blieb.

An der vor dem Haus über mehrere Kilometer verlaufenden Kaimauer legen vor allem nachts und an den Wochenenden Binnenschiffer an, die zum Teil ihre Dieselmotoren laufen lassen. Darüber hinaus fanden um das Gebäude herum Bauarbeiten statt, wobei es zu Lärm- und Staubemissionen, insbesondere von der Errichtung des nördlichen Kranhauses ausgehend kam. Bei Besichtigung der Wohnung und Einzug der Beklagten war dieses Kranhaus ungefähr bis zur halben Höhe im Rohbau fertig gestellt. Aufgrund der Bauarbeiten war der Treppenaufgang zur Severinsbrücke nur über ein Schotterfeld zu erreichen.

Im Mai 2010 kündigte die Beklagte an, ab Juni 2010 die Miete nur noch unter Vorbehalt zahlen zu wollen. Ende Mai 2011 erklärte sie, die Miete auch im Hinblick auf ein bestehendes Zurückbehaltungsrecht einbehalten zu wollen. Von September 2010 bis März 2011 zahlte die Beklagte rund 3.698 € weniger Miete. Diese Summe forderte die Klägerin gerichtlich ein.

Das AG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gem. § 535 Abs. 2 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Miete i.H.v. 3.698 €.

Die von der Beklagten zu leistende Miete war nicht gem. § 536 BGB gemindert. Soweit sich die Beklagte darauf berief, dass die Erreichbarkeit ihrer Wohnung eingeschränkt sei, da die Treppe zur Severinsbrücke nur schwer über einen nicht befestigten Zugang zu erreichen sei, handelte es sich dabei um keine erhebliche Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Wohnung. Eine solche Beeinträchtigung liegt nämlich dann nicht vor, wenn der Zugang zu einer Straßenbahnhaltestelle über einen kurzen Umweg - der vorliegend über die am Rheinauhafen befindliche Drehbrücke möglich ist - gewährleistet ist.

Auch die vor der Wohnung der Beklagten anlegenden Schiffe und der davon ausgehenden Lärm-, Geruchs- und Schadstoffimmissionen rechtfertigten keine Minderung. Dem Mieter steht das Recht zur Minderung aus § 536 BGB dann nicht zu, wenn er den Mangel der Mietsache bei Vertragsschluss kennt oder ihm dieser infolge grob fahrlässiger Unkenntnis unbekannt geblieben ist, es sei denn, dass der Vermieter diesen arglistig verschwiegen hat. Vorliegend war der Beklagten allerdings der Umstand der anlegenden Schiffe samt Emissionen bekannt, da sie auf Grund der Lage der Wohnung dies für möglich halten musste. Denn wer eine unmittelbar am Rhein gelegene Wohnung besichtigt und anmietet, muss damit rechnen, dass es dort zu Emmissionen von Frachtschiffen kommen kann, auch wenn vielleicht beim Besichtigungstermin keine Schiffe vor Anker lagen. Und auch wenn die Beklagte nicht aus Köln stammt, ist es ihr als Universitätsprofessorin - wie auch der Allgemeinheit - bekannt, dass es sich um eine der meist befahrensten Schifffahrtstraßen Europas handelt und Schiffe bei Ruhepausen auch schon einmal am Ufer anlegen.

Aus den gleichen Gründen konnte sich die Beklagte auch nicht auf eine Minderung wegen angeblicher Lärm- und Staubemmissionen von den im Rheinauhafen stattgefundenen Bauarbeiten berufen. Angesichts dieser Umstände, auf die sie im Mietvertrag auch noch ausdrücklich hingewiesen wurde, musste sie damit rechnen, dass es noch zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen wird, wenn ein derartiges Bauprojekt erst teilweise fertiggestellt ist. Augrund der beiden anderen schon errichteten Kranhäuser war nämlich leicht erkennbar, in welchem großen Umfang noch Arbeiten bevorstanden.

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