06.11.2012

Schadensersatz für schuldhaft verursachte Werkmängel entfällt nicht allein aufgrund rechtmäßiger Verweigerung wegen Unverhältnismäßigkeit

Besteller von Handwerksleistungen können unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung für Mängel der Werkleistung beanspruchen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gem. § 635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig verweigert hat. Macht der Besteller Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwands nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen, die bei der gem. § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung heranzuziehen sind.

BGH 11.10.2012, VII ZR 179/11 u.a.
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Eigentümer einer Doppelhaushälfte. Die andere Hälfte gehört seiner Mutter. Beide hatten im Jahr 2006 die Klägerin mit der Erbringung von Heizungs- und Installationsarbeiten beauftragt. Diese installierte u.a. die Warmwasserleitungen in der Bodenplatte nur mit einer 13 mm starken Dämmung, obwohl nach den maßgeblichen Bestimmungen der EnEV die Dämmung eine Mindeststärke von 20 mm aufweisen sollte. Der Beklagte machte auf verschiedene Mängel aufmerksam und verweigerte daraufhin die Abnahme.

Die Klägerin verweigerte die Mängelbeseitigung wegen des unverhältnismäßig hohen Nachbesserungsaufwandes und beanspruchte den Restwerklohn i.H.v. 6.248 € für die in der Doppelhaushälfte des Beklagten ausgeführten Werkleistungen. Den Restwerklohn für Arbeiten in der Doppelhaushälfte der Mutter macht sie in einem Parallelverfahren (Az.: VII ZR 180/11) geltend. Das LG verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 3.928 € sowie zur Zahlung von weiteren 2.500 € Zug um Zug gegen Beseitigung näher bezeichneter Mängel. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Auf die Berufung des Beklagten änderte das OLG die erstinstanzliche Entscheidung dahin, dass der Beklagte 1.078 € sowie weitere 4.350 € Zug um Zug gegen Beseitigung von Mängeln zahlen muss. Im Berufungsverfahren erhob der Beklagte Widerklage, mit der er die zuvor zur Begründung seines mangelbedingten Leistungsverweigerungsrechts geltend gemachten Kosten für die Beseitigung von Mängeln an der Dämmung bzw. der Befestigung der auf der Bodenplatte verlegten Warm- und Kaltwasserleitungen i.H.v. 43.923 € nunmehr im Wege des Schadensersatzes verlangte. Das OLG hielt die Schadensersatzforderung für nicht gerechtfertigt, weil die Klägerin die Mängelbeseitigung zu Recht verweigert habe und der Beklagte sich deshalb insoweit auf eine Minderung des Werklohns von 1.000 € verweisen lassen müsse.

Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Der Anspruch des Bestellers auf Schadensersatz für schuldhaft verursachte Werkmängel entfällt nicht schon dadurch, dass der Unternehmer zu Recht gem. § 635 Abs. 3 BGB einwendet, diese Mängel nicht beseitigen zu müssen. Der Besteller kann unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung für Mängel der Werkleistung beanspruchen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gem. § 635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig verweigert hat.

Die dem Besteller nach BGH-Rechtsprechung eröffnete Möglichkeit, seinen Schadensersatzanspruch anhand der Mängelbeseitigungskosten zu berechnen, gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Macht der Besteller werkvertraglichen Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwands nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen, die bei der gem. § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind.

Das OLG hatte nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB erfüllt waren. Seine zu § 635 Abs. 3 BGB getroffenen Feststellungen waren unzureichend. Es hat bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit den Standpunkt eingenommen, dass nur die Dämmung der Warmwasserleitungen nachgebessert werden müsse; die Kaltwasserleitungen seien nicht betroffen, weil insoweit keine Mindestanforderungen an die Dämmung bestünden. Damit hat es jedoch einen wichtigen Tatsachenvortrag des Beklagten nicht beachtet. Dieser hatte nämlich vorgetragen, dass die Kaltwasserleitungen mangelhaft seien, weil sie ungedämmt unmittelbar neben den warmgebenden Rohrleitungen lägen, zudem über keine vollständige Schwitzwasserisolierung verfügten und deshalb die Gefahr einer Salmonellenbildung bestehe. Sollte die dahin gehende Behauptung zutreffen, wäre es ihm kaum zuzumuten, dieses Risiko tragen zu müssen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
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