13.01.2012

Schadensersatz: Keine Frist zur Nacherfüllung nach einer - größere Schäden als erforderlich hervorrufenden - Beseitigung eines Wasserschadens

Wählt ein Unternehmer, der nach einem Wasserschaden in einem Gebäude damit beauftragt ist, den Fußbodenaufbau zu trocknen, und zu diesem Zweck den Fliesenbelag öffnen muss, eine Trocknungsmethode, die zu größeren Schäden am Gebäude als erforderlich führt, ist der Schadensersatzanspruch des Bestellers nicht davon abhängig, dass er dem Unternehmer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Besteller ein Schadensersatzanspruch neben oder statt der Leistung zusteht.

BGH 8.12.2011, VII ZR 198/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt Werklohn für Trocknungsarbeiten anlässlich eines von der Beklagten verursachten Wasserschadens. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen kann.

Die Beklagte führte im Rahmen der Errichtung eines Alten- und Pflegeheimes Installationsarbeiten aus. Nachdem es zu einem Wasserschaden gekommen war, beauftragte sie im Juli 2008 die Klägerin mit den Trocknungsarbeiten, die ihrerseits ihre Streithelferin hinzuzog. Zur Trocknung des Fußbodenaufbaus (schwimmender Estrich auf Betondecken) schnitt die Klägerin in den gefliesten Bädern die Silikonfugen sowie die dahinter befindliche Dichtungsschicht zwischen Fußboden und aufgehenden Wänden auf. Über die geöffneten Randfugen strömte in die Dämmschichten trockene Luft, die die Klägerin durch ein jeweils im Zentrum des Raumes in den gefliesten Fußboden gebohrtes Loch wieder absaugte.

Die Trocknungsarbeiten waren erfolgreich. Der Klägerin steht ein Werklohn von rd. 62.500 € zu. Die Beklagte rechnet mit den Kosten für die Wiederherstellung fachgerechter Fugen zwischen Fußboden und aufgehenden Wänden als Schadensersatzanspruch auf. Die Klägerin hat mit ihrer Klage den Betrag von 62.500 € geltend gemacht.

Das LG gab der Klage i.H.v. rd. 31.500 € nebst Zinsen statt und wies sie im Übrigen ab. Das OLG gab der Klage lediglich i.H.v. rd. 16.000 € statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagten ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder statt der Leistung nach § 280 Abs. 3, § 281 BGB zusteht. Handelt es sich, wie das OLG meint, um die Verletzung einer Schutzpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB, folgt der Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB. Er setzt eine Fristsetzung nicht voraus. Geht man davon aus, dass es sich um die Verletzung einer Leistungspflicht handelt und das von der Klägerin geschuldete Werk mangelhaft war, scheitert der Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht daran, dass eine Frist zur Mängelbeseitigung nicht gesetzt worden ist. Denn diese war entbehrlich, weil der geltend gemachte Schaden durch eine Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden konnte.

Die Klägerin war von der Beklagten beauftragt worden, den Fußboden in den von dem Wasserschaden betroffenen Bädern zu trocknen. Die Durchführung der Trocknung, das Zu- und Abführen von Luft im Fußbodenbereich, setzte dabei zwingend voraus, dass der Fliesenbelag geöffnet wurde. Diese von der Klägerin vorzunehmenden Eingriffe in die Bausubstanz waren unvermeidlich. Besondere Vereinbarungen über die Art dieser Eingriffe hatten die Parteien nicht getroffen. Die Klägerin schuldete daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eine Maßnahme, die einerseits für eine effiziente Trocknung geeignet war und die andererseits möglichst geringe Eingriffe in die Bausubstanz erforderte.

Diese schonendste Maßnahme hätte hier darin bestanden, in den Bädern in jeder Ecke die Bodenfliesen zu durchbohren. Die von der Klägerin gewählte und ausgeführte Methode führte demgegenüber zu größeren Schäden, insbes. zu der Durchtrennung der Feuchtigkeitsschutzfolie. Der Schaden, den die Beklagte durch diese Vorgehensweise der Klägerin erlitten hat, kann durch eine Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden. Die Pflichtverletzung der Klägerin besteht in der Wahl einer die Bausubstanz mehr als notwendig schädigenden Trocknungsmaßnahme.

Sie kann nicht dadurch ungeschehen gemacht und der entstandene Schaden beseitigt werden, dass die ordnungsgemäße Erfüllungsleistung - das Öffnen des Bodens in den vier Ecken der Bäder - nachgeholt wird. Der Zweck der Fristsetzung, dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, das noch mit Mängeln behaftete Werk in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, ehe an deren Stelle die ihn finanziell regelmäßig mehr belastenden anderen Mängelansprüche treten, war hier nicht mehr zu erreichen.

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