10.03.2011

Schussgeräusche bei einer Jagd begründen noch keine potentielle Gefahr für Rechtsgüter Dritter

Schussgeräusche einer Jagd begründen im Allgemeinen für sich noch keine potentielle Gefahr für Rechtsgüter Dritter. Es handelt sich um Lärmbeeinträchtigungen, mit denen allgemein in Waldgebieten gerechnet wird und die hinzunehmen sind.

BGH 15.2.2011, VI ZR 176/10
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hatte im Jahr 2008 als Jagdleiter eine Treibjagd durchgeführt. Die Klägerin und ihre Freundin ritten derweil auf einem Waldweg in der Nähe des Jagdgebietes. Nach der Hälfte der geplanten Reitroute hörten sie einen Schuss. Sie entschlossen sich dennoch, den Ausritt fortzusetzen. Kurze Zeit später scheute das Pferd aufgrund eines weiteren Schusses, wodurch die Klägerin stürzte und sich dabei verletzte. Daraufhin nahm sie den Beklagten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch und behauptete, Hinweis- oder Warnschilder an den Wegen zum Jagdgebiet hätten gefehlt.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die zur Klärung der Frage des Umfangs der Verkehrssicherungspflicht eines Verantwortlichen einer Treibjagd im Zusammenhang mit Schussgeräuschen zugelassene Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schmerzensgeldanspruch.

Es reicht anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier: der Jagdveranstalter und -leiter - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier: Jagdbeteiligte, Reiter, Spaziergänger und Teilnehmer am allgemeinen Straßenverkehr - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind. Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen.

Der Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin vor den unkontrollierbaren Reaktionen des Pferdes auf ein Schussgeräusch zu schützen. Eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht des Beklagten, sich in der Nähe des Jagdgebiets aufhaltende Reiter vor Schussgeräuschen, auf die deren Pferde schreckhaft reagieren, zu schützen, ergab sich auch nicht aus den Unfallverhütungsvorschriften Jagd (UVV Jagd). Die Vorschrift will mithin erkennbaren Risiken für Rechtsgüter Dritter durch die direkte Schusseinwirkung vorbeugen. Ihr Zweck ist allerdings nicht, Dritte schon vor dem Geräusch eines Schusses zu schützen.

Zwar enthalten Unfallverhütungsvorschriften ebenso wie DIN-Normen im Allgemeinen keine abschließenden Verhaltensanforderungen. Allerdings mussten vom Beklagten keine besonderen Maßnahmen zur Warnung vor Schussgeräuschen getroffen werden. Im Allgemeinen begründen Schussgeräusche für sich keine potentielle Gefahr für Rechtsgüter Dritter. Es handelt sich um Lärmbeeinträchtigungen, mit denen allgemein in Waldgebieten gerechnet wird und die hinzunehmen sind.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für den Volltext klicken Sie bitte hier.
BGH online