20.03.2019

Staatshaftung bei fehlerhafter Zustellung?

Für die Zustellung einer im Beschlusswege erwirkten einstweiligen Verfügung genügt seit dem 1.7.2014 die Übermittlung einer vom Gericht beglaubigten Abschrift des Eilrechtstitels. Ein Zustellungsbeamter, der entgegen den Vorschriften der ZPO eine Zustellung falsch bewirkt, verletzt eine Amtspflicht, die ihm sowohl dem Absender als auch dem Empfänger gegenüber obliegt. Die Heilung des Zustellungsmangels nach § 189 ZPO wirkt sich nicht auf das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung aus, sondern ist allein für den Eintritt und Umfang eines ersatzfähigen Schadens von Bedeutung.

BGH v. 21.2.2019 - III ZR 115/18
Der Sachverhalt:

Die Klägerin hatte am 18.8.2014 beim LG Saarbrücken einen Beschluss auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erwirkt. Daraufhin beauftragte sie die im Dienst des Beklagten stehende Obergerichtsvollzieherin J. mit der Parteizustellung der Beschlussverfügung. In dem Zustellungsauftrag wurden als Anlagen "2 Ausfertigungen d. Beschlusses, 2 x Antragsschrift u. Anlagen, 1 Ab-schrift des Beschlusses" genannt. Die Zustellung an den Antragsgegner erfolgte am 29.8.2014 per Post.

 

Zwischen den hiesigen Parteien blieb es streitig, ob der von der Gerichtsvollzieherin zusammengehefteten und beglaubigten Zustellsendung eine Ausfertigung oder lediglich eine einfache Abschrift (hier: eine weder vom Urkundsbeamten unterschriebene noch mit einem Gerichtssiegel versehene "Ausfertigung") der einstweiligen Verfügung beilag. Am 22.12.2014 beantragte der Antragsgegner beim LG Saarbrücken die Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit der Begründung, dass diese nicht ordnungsgemäß zugestellt und deshalb die einmonatige Vollziehungsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO versäumt worden sei. Das LG gab diesem Antrag statt und hob die einstweilige Verfügung auf.

 

Daraufhin machte die Klägerin geltend, die Gerichtsvollzieherin habe die einstweilige Verfügung fehlerhaft - nämlich nur in einfacher Abschrift (oder als Kopie einer einfachen Abschrift) - zugestellt und hierdurch ihre Amtspflichten verletzt. Infolgedessen sei die einstweilige Verfügung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist aufgehoben und sie, die Klägerin, mit den Verfahrenskosten belastet worden, die sie als Schadensersatz zur Erstattung begehrte.

 

Das LG hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung vor dem OLG blieb erfolglos. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

 

Gründe:

Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann eine Amtspflichtverletzung der Gerichtsvollzieherin nicht verneint werden.

 

Zwar war zur ordnungsgemäßen Zustellung der einstweiligen Verfügung die Übersendung einer beglaubigten Abschrift erforderlich. Ob ein diesbezüglicher Zustellungsmangel auch bei einer durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügung nach § 189 ZPO geheilt werden kann, konnte jedoch offen bleiben. Selbst wenn eine Heilung möglich ist, führt diese nur zur Wirksamkeit der Zustellung, nicht aber zum Wegfall des aufgrund der fehlerhaften Handhabung durch den Gerichtsvollzieher begründeten Haftung aus § 839 BGB.

 

Die Heilung kann allerdings zur Folge haben, dass im Ergebnis kein ersatzfähiger Schaden eintritt. Letzteres setzt aber voraus, dass die Heilungswirkung im weiteren Verlauf erkannt worden ist. So wird das OLG im weiteren Verfahren die zwischen den Parteien umstrittene Frage prüfen müssen, ob eine beglaubigte oder eine nicht beglaubigte Abschrift zugestellt wurde und welche Aussichten ein Rechtsmittel des Klägers gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung gehabt hätte.

 

Linkhinweise:
 

Der Volltext ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.

Für den Volltext klicken Sie bitte hier.

BGH online