23.03.2017

Stimmrechtsausschluss eines Wohnungseigentümers bei Interessenkonflikt

Ein Wohnungseigentümer ist entsprechend § 25 Abs. 5 Alt. 1 WEG bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit einer rechtsfähigen (Personen-)Gesellschaft dann nicht stimmberechtigt, wenn er an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt und deren Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter ist. In einem solchen Fall kann sein persönliches Interesse mit dem des Dritten "völlig gleichgesetzt" werden.

BGH 13.1.2017, V ZR 138/16
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, in der sich das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen richtet. Der Beklagte ist Mehrheitseigentümer. Die Kläger wandten sich gegen zwei Beschlüsse, die auf der Versammlung im März mit Stimmenmehrheit des Beklagten gefasst worden waren.

Zum einen hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, den Verwalter zu beauftragen, mit der C-Immobilien GmbH & Co. KG einen Vertrag über die Belieferung mit Wärme zu schließen. Diese betreibt auf einem benachbarten Grundstück eine Heizungsanlage und beliefert mehrere Eigentumswohnungsanlagen in der Umgebung. Der Beklagte ist Kommanditist der KG und Geschäftsführer von deren Komplementär-GmbH, an der er mit 51 % der Geschäftsanteile beteiligt ist. Die übrigen Geschäftsanteile stehen seiner Ehefrau zu.

Außerdem hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, von der Rückforderung der Verwaltervergütung für die Geschäftsjahre 2012 und 2013 Abstand zu nehmen, die der frühere, aber für diese Geschäftsjahre nicht wieder bestellte Verwalter auf Grund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer dem Gemeinschaftsvermögen entnommen hatte, die Vergütung aber in den Einzelabrechnungen der Geschäftsjahre 2012 und 2013 nur den Klägern und nicht dem Beklagten anzulasten.

Die Kläger wandten sich mit der Anfechtungsklage gegen beide Beschlüsse. Der Beklagte trat dem entgegen und beantragte für den Fall der Ungültigkeitserklärung ersten Beschlusses widerklagend, die Kläger zu verpflichten, einer Beauftragung des Verwalters zum Abschluss des (beschlossenen) Wärmelieferungsvertrages mit der KG zuzustimmen. AG und LG gaben der Klage statt und wiesen die Widerklage ab. Die Revision des Beklagten vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Die Revision war nur hinsichtlich der Ungültigkeitserklärung des Beschlusses der Wohnungseigentümer zum Wärmelieferungsvertrag mit der C-Immobilien GmbH & Co. KG zulässig. Dieser Beschluss war wiederum ungültig, da er nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hatte. Schließlich war der Beklagte, dessen Stimmenmehrheit den Beschluss getragen hatte, bei der Abstimmung hierüber nicht stimmberechtigt.

Ein Wohnungseigentümer ist jedenfalls dann entsprechend § 25 Abs. 5 Alt. 1 WEG bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit einer rechtsfähigen (Personen-)Gesellschaft nicht stimmberechtigt, wenn er an dieser mehrheitlich beteiligt und deren Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter ist. Offen bleibt, ob die Vorschrift auch in anderen Fällen entsprechend anwendbar ist, etwa wenn der Wohnungseigentümer zwar Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft, an ihr aber nicht oder nicht mehrheitlich beteiligt ist oder wenn er an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ist, ohne Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter zu sein.

Bei der entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 5 WEG ist allerdings Zurückhaltung geboten. Das Gebot einer zurückhaltenden Auslegung schließt aber weder die entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Fälle, in denen sich der Wohnungseigentümer einem Interessenkonflikt ausgesetzt sieht, der in seinem Ausmaß mit den gesetzlich festgelegten Tatbeständen identisch ist, noch eine erweiternde Auslegung in Fällen aus, in denen der Stimmrechtsausschluss bei einer eng am Wortlaut ausgerichteten Auslegung die ihm zugedachte Wirkung ganz oder teilweise verlöre.

Unter welchen Voraussetzungen sich der Wohnungseigentümer in einem Interessenkonflikt befindet, der mit dem in § 25 Abs. 5 Alt. 1 WEG geregelten nach Art und Ausmaß identisch ist und zu einem Stimmrechtsausschluss führt, ist in der hier zu beurteilenden Konstellation, dass der Wohnungseigentümer an der Gesellschaft beteiligt ist, die Vertragspartnerin der WEG werden soll, umstritten. Einigkeit besteht allerdings noch darüber, dass eine entsprechende Anwendung des Stimmrechtsausschlusses nach § 25 Abs. 5 Alt. 1 WEG bei einer personellen und wirtschaftlichen Verflechtung von Wohnungseigentümer und (künftigem) Vertragspartner der Wohnungseigentümergemeinschaft in Betracht kommt. Eine persönliche Nähe zwischen beiden wird dabei nicht als ausreichend angesehen. In Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung zur Auslegung der entsprechenden Regelung in § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG wird vielmehr gefordert, dass der stimmberechtigte Wohnungseigentümer mit dem Dritten wirtschaftlich so eng verbunden ist, dass sein persönliches Interesse mit dem des Dritten "völlig gleichgesetzt" werden kann.

Infolgedessen war der Beklagte bei der Abstimmung nicht stimmberechtigt. Zwar sollte der Wärmelieferungsvertrag nicht mit ihm selbst, sondern mit der KG geschlossen werden. Das Interesse der KG an dem Zustandekommen des Wärmelieferungsvertrages war aber seinem eigenen Interesse gleichzusetzen.

Linkhinweise:

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