23.04.2013

Teilnahme am Religionsunterricht kann für die Bildung förderlich sein

Die Teilnahme am Religionsunterricht ist auch für die Bildung von Kindern zweier konfessionsloser Eltern förderlich. Sie ermöglicht ihnen später eine bessere Grundlage für eine eigene Entscheidung für oder gegen die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft und kann ihnen eine fundierte Kenntnis über die Grundlagen der hier gelebten Kultur vermitteln.

OLG Köln 18.4.2013, 12 UF 108/12
Der Sachverhalt:
Antragsteller und Antragsgegnerin sind geschieden. Aus der Ehe sind Zwillinge hervorgegangen, die nach der Trennung bei der Kindesmutter verblieben sind. Die Eltern sind jedoch gemeinsam sorgeberechtigt. Im Sommer 2012 stand die Einschulung der Kinder an. Die Frage der Teilnahme am Religionsunterricht war zwischen den konfessionslosen Kindeseltern streitig.

Der Vater befürwortete eine Teilnahme am Religionsunterricht mit der Begründung, sie diene dem Kindeswohl durch eine bessere Eingliederung in die Klassengemeinschaft und der mit dem Unterricht verbundenen Erlernung der Kulturgeschichte. Die Mutter lehnte eine Teilnahme ihrer Kinder strikt ab. Sie hielt die Nichtteilnahme für die konsequente Fortsetzung der bisher gelebten religionslosen Erziehung.

Das AG hatte dem Vater die Entscheidung über eine Teilnahme am Religionsunterricht und den Schulgottesdiensten übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter blieb vor dem OLG erfolglos. Allerdings wurde die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Grundlage für die von dem Antragsteller begehrte und vom AG getroffene Regelung war § 1628 BGB. Danach ist die Entscheidung zu treffen, die dem Kindeswohl am besten entspricht. Das Gericht überträgt, soweit eine gütliche Einigung nicht herbeigeführt werden kann, die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil, dessen Vorschlag für das Kindeswohl am besten ist.

Infolgedessen teilte der Familiensenat die Auffassung des Vaters, dass die  Teilnahme der Kinder an Schulgottesdiensten und Religionsunterricht dem Kindeswohl entspricht. Dabei war zunächst klarzustellen, dass keine Entscheidung darüber getroffen werden sollte, ob ein Kind überhaupt religiös erzogen werden soll oder nicht oder in welcher Religion eine Unterrichtung stattfinden soll. Eine Gefährdung der Kinder brauchte weder bei einer Teilnahme am Unterricht noch bei einer Nichtteilnahme befürchtet werden.

In der Abwägung zwischen den von der Kindesmutter und dem Kindesvater vorgebrachten Argumenten sprach allerdings mehr dafür, dass eine Teilnahme am Religionsunterricht für die Bildung der Kinder förderlich ist, ihnen später eine bessere Grundlage für eine eigene Entscheidung für oder gegen die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft ermöglicht und ihnen eine fundierte Kenntnis über die Grundlagen der hier gelebten Kultur vermitteln kann. Die Wissensvermittlung über Herkunft und Bedeutung religiöser Feste oder etwa des Gottesbezugs in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung dient der Allgemeinbildung der Kinder, ohne dass damit ein Zwang verbunden wird, selbst an Gott zu glauben oder überhaupt einer Religionsgemeinschaft anzugehören.

Auch nach dem Inhalt des in der Grundschule angebotenen Religionsunterrichts, wie er von der Religionslehrerin in der mündlichen Anhörung erläutert worden war, bestand nicht die Gefahr, dass den Kindern damit zugleich gegen ihren oder den Willen der Eltern der christliche Glaube aufgezwungen wird. Soweit die Kinder selbst einer Teilnahme am Religionsunterricht ablehnend gegenüber standen, war ihnen die Tragweite ihrer Willensbekundung aufgrund ihres Alters noch nicht bewusst. Außerdem war die ablehnende Haltung offensichtlich auf die Beeinflussung der Kindesmutter zurückzuführen.

Die Rechtsbeschwerde zum BGH war zuzulassen, da die Klärung der Rechtsfrage, inwieweit die Teilnahme am Religionsunterricht auch bei konfessionslosen Kindern dem Kindeswohl dient, über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat.

Linkhinweis:

OLG Köln PM v. 18.4.2013
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