11.09.2014

Teilurteil: Zur Gefahr einander widersprechenden Entscheidungen

Der Erlass eines Teilurteils über einen Vorschussanspruch in Höhe der für die Beseitigung von Schallschutzmängeln erforderlichen Kosten ist unzulässig, wenn der Besteller daneben einen auf dieselben Mängel gestützten, auf Ersatz eines Mietausfalls sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch geltend macht, über den nicht zugleich entschieden wird.

BGH 21.8.2014, VII ZR 24/12
Der Sachverhalt:
Die Kläger nehmen die Beklagten in unterschiedlichem Umfang auf Zahlung von Vorschuss und Schadensersatz sowie auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Mängelbeseitigungskosten und zum Ersatz weiterer Schäden wegen Mängeln an einem neu errichteten Mehrfamilienhaus mit insgesamt fünf Wohnungen in Anspruch. Die Kläger beauftragten die Beklagte zu 1) mit der Lieferung und Erstellung eines Ausbauhauses der Ausbaustufe I, deren Umfang in der Bauleistungsbeschreibung näher umschrieben ist.

In § 14 des Vertrags war als Sonderleistung ein "erhöhter Schallschutz wegen mehrerer Wohneinheiten im Gebäude" vereinbart. Die am Revisionsverfahren nicht beteiligte Beklagte zu 2) war von den Klägern mit dem Innenausbau beauftragt worden und die ebenfalls nicht beteiligte Beklagte zu 3) mit der Stellung des Bauantrags. Nach Errichtung des Hauses traten Mängel auf. Eine förmliche Abnahme sämtlicher Leistungen der Beklagten zu 1) erfolgte nicht. Nachdem die Kläger die Beklagte zu 1) erfolglos unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatten, beantragten sie wegen der Mängel, u.a. auch wegen eines unzureichenden Schallschutzes, die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Mängel und zur Höhe der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zu 1), soweit noch von Interesse, wegen der Schallschutzmängel zur Zahlung eines Kostenvorschusses i.H.v. rd. 50.000 € zzgl. Zinsen. Daneben erkannte es den Klägern gegen die Beklagte zu 1) einen u.a. auf diese Mängel gestützten Schadensersatzanspruch wegen eines entstandenen Mietausfallschadens und wegen von ihnen vorgerichtlich aufgewendeter Sachverständigenkosten zu. Das OLG wies die Klage durch Teilurteil ab, soweit diese auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die Beseitigung der Schallschutzmängel i.H.v. 50.000 € zzgl. Zinsen gerichtet war.

Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil teilweise auf, soweit das OLG den Klageantrag gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung eines Kostenvorschusses i.H.v. 50.000 € zzgl. Zinsen abgewiesen hat, und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils liegen nicht vor.

Der Erlass eines Teilurteils ist unzulässig, wenn aufgrund der Entscheidung über den Teil des Anspruchs die Gefahr besteht, dass es bei der Entscheidung über den noch anhängigen Streitgegenstand im Schlussurteil zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Diese Gefahr besteht immer dann, wenn der durch Teilurteil beschiedene Anspruch und der noch rechtshängige Anspruch - wie hier - von gemeinsamen Vorfragen abhängen. Die im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe der Mängelbeseitigungskosten erhebliche Vorfrage, ob die Beklagte zu 1) für die zugrunde liegenden Schallschutzmängel einzustehen hat, stellt sich für die Entscheidung über den auf diese Mängel gestützten weiteren Schadensersatzanspruch gewendeten Sachverständigenkosten erneut.

Es besteht deshalb die Gefahr, dass hinsichtlich des von den Klägern geltend gemachten Vorschuss- und des Schadensersatzanspruchs einander widersprechende Entscheidungen ergehen. Soweit das OLG gemeint haben sollte, das erlassene Teilurteil entfalte eine Bindungswirkung auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren noch im Streit stehenden, vom LG zuerkannten Schadensersatzansprüche auf Ersatz eines infolge der Schallschutzmängel entstandenen Mietausfallschadens sowie vorgerichtlich aufgewendeter Sachverständigenkosten, weil insoweit über einen einheitlichen Lebenssachverhalt entschieden werde, ist diese Auffassung rechtsirrig. Eine solche Bindungswirkung kommt dem Teilurteil nicht zu.

Ein Sachurteil, das eine Leistungsklage abweist, stellt grundsätzlich fest, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet werden kann. Bei dem Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe der zur Beseitigung von Schallschutzmängeln erforderlichen Mängelbeseitigungskosten gem. § 637 Abs. 3 BGB und dem ergänzend geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen eines infolge desselben Mangels entstandenen Mietausfallschadens sowie wegen vorgerichtlich aufgewendeter Sachverständigenkosten gem. § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB handelt es sich um verschiedene Lebenssachverhalte und damit um verschiedene Streitgegenstände, weil die Ansprüche auf den Ausgleich unterschiedlicher Mangelfolgen gerichtet sind.

Dies bedeutet, dass durch das angefochtene Teilurteil lediglich festgestellt wird, dass den Klägern der geltend gemachte Vorschussanspruch wegen der zur Beseitigung der Schallschutzmängel erforderlichen Kosten i.H.v. 49.884,80 € gegen die Beklagte zu 1) nicht zusteht. Durch die Abweisung dieses Vorschussanspruchs wird jedoch nicht zugleich bindend festgestellt, dass die Kläger gegen die Beklagte zu 1) auch keinen Anspruch auf Ersatz des ihnen aufgrund der Schallschutzmängel entstandenen, über die Mängelbeseitigungskosten hinausgehenden Mietausfallschadens und der von ihnen vorgerichtlich aufgewendeten Sachverständigenkosten haben.

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