Treuwidrige Überweisungen des Notars rechtfertigen keine Zahlungsverweigerung des Notariatsverwalters
BGH 16.2.2017, V ZB 181/15Der Beteiligte zu 1) hatte der Beteiligten zu 2) im November 2011 für 20.000 € eine Eigentumswohnung verkauft. Der Kaufpreis laut Kaufvertrag auf einem Notaranderkonto des beurkundenden Notars zu hinterlegen. Der Notar wurde angewiesen, den hinterlegten Kaufpreis an den Verkäufer auszuzahlen, wenn die Eintragung der Auflassungsvormerkung zur Gewissheit des Notars gewährleistet ist und dem Notar sämtliche Löschungsunterlagen für die nicht übernommenen Belastungen vorliegen.
Die Beteiligte zu 2) zahlte den Kaufpreis vollständig auf das Notaranderkonto ein. In der Folgezeit nahm der Notar von dem Konto mehrere Überweisungen auf andere - teilweise eigene - Konten vor, wodurch sich das Guthaben unter Berücksichtigung der gutgeschriebenen Zinsen auf 1.576 € reduzierte. Anschließend überwies er von einem anderen auf seinen Namen lautenden Notaranderkonto rund 38.370 € auf das hier interessierende Anderkonto und nahm weitere Einzahlungen und Abbuchungen vor, aus denen sich letztlich ein Endsaldo i.H.v. 20.067 € ergab.
Nachdem die Auszahlungsvoraussetzungen vorlagen, forderte der Beteiligte zu 1) den für den inzwischen verstorbenen Notar bestellten Notariatsverwalter auf, den hinterlegten Kaufpreis an ihn auszukehren. Der Notariatsverwalter lehnte dies ab, da der gegenwärtig auf dem Notaranderkonto verwahrte Betrag nicht von der Beteiligten zu 2) stamme. Das LG wies die vom Beteiligten zu 1) eingelegte Beschwerde zurück. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte in der Sache Erfolg.
Gründe:
Das Beschwerdegericht hätte der Beschwerde stattgeben müssen. Der Notariatsverwalter durfte die Auskehrung des auf dem Notaranderkonto eingezahlten Kaufpreises aus den von ihm angeführten Gründen nicht verweigern.
Der Auszahlung stand nicht entgegen, dass der beurkundende Notar - wie hier - treuwidrige Abbuchungen von diesem Konto veranlasst und später den Fehlbestand durch eine ebenfalls treuwidrige Überweisung von einem anderen auf seinen Namen lautenden Notaranderkonto ausgeglichen hatte. Etwas anderes ergab sich auch nicht daraus, dass das Guthaben auf dem streitgegenständlichen Notaranderkonto aus der Überweisung des Notars von einem anderen Notaranderkonto stammt. Dies rechtfertigte es entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht, das Risiko einer unberechtigten Verfügung durch den Notar den Verwahrungsbeteiligten aufzuerlegen, denen die Zahlung nach dem Willen des Notars zugutekommen soll.
Die Trennung des treuhänderisch verwahrten Geldes von Eigengeldern (§ 54b Abs. 1 S. 3 BeurkG) - ebenso wie die Trennung der einzelnen Verwahrungsmassen (§ 54b Abs. 2 S. 3 BeurkG) - ist allerdings begriffsnotwendige Voraussetzung für die ordnungsgemäße Durchführung der Verwahrung. Die vorsätzliche Vermischung von verwahrten Geldern mit Eigengeldern des Notars oder gar die Verwendung für eigene Zwecke ist ein schwerwiegendes Dienstvergehen und kann als Untreue gem. § 266 StGB strafbar sein. Verfügungen sollen gem. § 54b Abs. 3 S. 4 BeurkG vielmehr nur erfolgen, um Beträge dem Empfangsberechtigten oder einem von diesem schriftlich benannten Dritten zuzuführen. Umbuchungen sind damit grundsätzlich unzulässig. Der Notar im vorliegenden Fall hat diese Pflichten verletzt, weil er weisungswidrig Überweisungen von den Notaranderkonten vorgenommen hatte. Gleichwohl hatte die von ihm getätigte Überweisung i.H.v. 38.370 € das Guthaben des hier streitgegenständlichen Anderkontos entsprechend erhöht. Denn die Verfügung war wirksam.
Die Beschwerdeentscheidung stellte sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 15 Abs. 2 S. 3 BNotO i.V.m. § 74 Abs. 2 FamFG). Insbesondere stand die Regelung des § 54d BeurkG einer Auszahlung des Kaufpreises nicht entgegen. Nach § 54d Nr. 1 BeurkG hat der Notar - auch wenn die in der Verwahrungsanweisung geregelten Auszahlungsvoraussetzungen vorliegen - von der Auszahlung abzusehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei Befolgung der Weisung an der Erreichung unerlaubter oder unredlicher Zwecke mitwirken würde. Das war hier aber nicht der Fall. Insbesondere lag kein kollusives Zusammenwirken der am Verwahrungsgeschäft Beteiligten vor.
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