Unterlassungsklage wegen vertragswidriger Nutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken
BGH v. 19.12.2018 - XII ZR 5/18Der Kläger macht gegen die Beklagte einen mietrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend; er wirft ihm die vertragswidrige Nutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken vor. Im Mai 2010 mietete die Beklagte von der damaligen Eigentümerin des Gebäudes das Erdgeschoss (275 qm), das erste Obergeschoss (205 qm), drei Kellerräume (75 qm) sowie eine anteilige Fläche des Eingangsbereichs im Erdgeschoss (ca. 20 qm). Mietbeginn war der 1.6.2010. Im Mietvertrag heißt es: "Die Vermietung erfolgt zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros".
Der Kläger erwarb die Immobilie von der damaligen Vermieterin. Die Beklagte nutzt seit Bezug der Immobilie das gesamte erste Obergeschoss zu Wohnzwecken. Einen auf Mai 2011 datierten Nachtrag zum Mietvertrag, der ihr rückwirkend die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken erlaubt hätte, unterzeichnete die Beklagte nicht. Im Juli 2016 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis Ende Juli 2016 auf, die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken zu unterlassen.
LG und OLG gaben der Klage statt und verurteilten die Beklagte, es zu unterlassen, das erste Obergeschoss der Immobilie zu Wohnzwecken zu nutzen. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger gem. § 541 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung der Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss des Mietobjekts zu Wohnzwecken zusteht.
Im Rahmen eines Mietverhältnisses kann ein Unterlassungsanspruch wegen einer vertragswidrigen Nutzung der Mietsache nicht auf § 1004 BGB gestützt werden; allein § 541 BGB ist anwendbar. Für den Bereich der Wohnraummiete hat dies der BGH bereits entschieden. Bei Mietverhältnissen über Gewerberäume gilt nichts anderes. Nach § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Vorliegend haben die Mietvertragsparteien ausschließlich eine gewerbliche Nutzung der Mieträume, nämlich zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros, vereinbart. Eine andere Nutzung der Mieträume ist dem Mieter laut Mietvertrag nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung gestattet. Eine solche Genehmigung liegt jedoch nicht vor.
Die Beklagte kann dem Unterlassungsanspruch des Klägers auch nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Grundsätzlich unterliegt der Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB der regelmäßigen Verjährung des § 195 BGB mit einer Frist von drei Jahren. Für den Beginn der Verjährung kommt es dabei nach § 199 Abs. 5 BGB neben dem Vorliegen der in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB genannten subjektiven Voraussetzungen statt auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs grundsätzlich auf den der Zuwiderhandlung an. Ob diese Regelung zum Verjährungsbeginn auch dann eingreift, wenn der Mieter wie im vorliegenden Fall die Mietsache dauerhaft vertragswidrig nutzt, ist im mietrechtlichen Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung umstritten.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass auch bei einer vertragswidrigen Handlung, die eine dauernde Beeinträchtigung nach sich zieht, der Anspruch auf Beseitigung bzw. Unterlassung bereits mit Beginn der Beeinträchtigung entstehe. Die Gegenansicht nimmt an, dass bei einem andauernden vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache wie der unerlaubten Nutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken der Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB während des bestehenden Mietverhältnisses nicht verjähren kann. Die letztgenannte Ansicht trifft zu. Der aus § 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjährt während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.
Nutzt ein Mieter die von ihm zu gewerblichen Zwecken angemieteten Räumlichkeiten als Wohnung, liegt der Schwerpunkt seines vertragswidrigen Verhaltens nicht in der Aufnahme, sondern in der dauerhaften Aufrechterhaltung der unerlaubten Nutzung der Mietsache. Dadurch verletzt der Mieter fortwährend die ihm während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses obliegende mietvertragliche Verpflichtung, die Mietsache nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Verwendungszwecks zu nutzen. Dieser Dauerverpflichtung des Mieters entspricht die aus § 535 Abs. 1 BGB folgende Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten.
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