20.06.2017

Unzulässige Revision mangels Beschwer bei Angriff gegen den Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung

Greift der Kläger allein den Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung an, ist die Revision mangels Beschwer jedenfalls dann unzulässig, wenn der Vorbehalt nach § 780 Abs. 2 ZPO entbehrlich war.

BGH 17.2.2017, V ZR 147/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Das beklagte Land wurde im Jahre 2013 nach § 1936 S. 1 BGB Erbe eines verstorbenen Wohnungseigentümers. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Wohngeld für die Jahre 2013 und 2014 in Anspruch. Der Beklagte erhob die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses.

Das AG gab der Klage vollumfänglich statt. Das LG wies sie teilweise ab und behielt dem Beklagten die beschränkte Erbenhaftung vor. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die klagende Partei ist durch eine gerichtliche Entscheidung nur dann beschwert, wenn diese von dem in der unteren Instanz gestellten Antrag zu ihrem Nachteil abweicht, ihrem Begehren also nicht voll entsprochen worden ist. So verhält es sich in der Regel, wenn der Urteilstenor hinter dem gestellten Antrag zurückbleibt, wie es hier aufgrund des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung der Fall ist. Zwingend ist das aber nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob der rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung hinter dem Rechtsschutzbegehren der klagenden Partei zurückbleibt. Daran fehlt es. Die Klägerin wendet sich mit der Revision ausdrücklich allein dagegen, dass dem beklagten Land in dem angefochtenen Urteil der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung zugebilligt wurde. Diese Beschränkung der Revision ist zulässig. Die Aufnahme des Vorbehalts in den Urteilstenor führt nicht dazu, dass der Klägerin weniger zugesprochen worden ist als beantragt.

Denn der Vorbehalt hatte keine über den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Beklagten hinausgehende Wirkung. Der Fiskus kann sich stets, also unabhängig davon, ob ein Vorbehalt in das Urteil aufgenommen wurde, auf die Einrede der beschränkten Erbenhaftung berufen (§ 780 Abs. 2 ZPO). Wird er - wie hier - zu einer Zahlung verurteilt, besteht insoweit kein Unterschied zwischen dem rechtskraftfähigen Inhalt einer Entscheidung mit und ohne Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung. Ob die klagende Partei auch dann nicht formell beschwert ist, wenn die Aufnahme des Vorbehalts Voraussetzung für die beschränkte Erbenhaftung ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Greift der Kläger allein den Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung an, ist die Revision mangels Beschwer jedenfalls dann unzulässig, wenn der Vorbehalt nach § 780 Abs. 2 ZPO entbehrlich war.

Die Klägerin ist auch nicht dadurch beschwert, dass das OLG die von dem beklagten Land erhobene Einrede nicht sachlich geprüft und beschieden hat. Zwar hätten die Voraussetzungen für eine gegenständlich beschränkte Erbenhaftung einschließlich der Frage, inwieweit eine solche bei Wohngeldforderungen gegen den Fiskuserben überhaupt in Betracht kommt, bereits im vorliegenden Verfahren geklärt werden können. Dies ist jedoch nicht geschehen. Das OLG hat sich mit der Frage, ob die von dem beklagten Land erhobene Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB berechtigt ist, nicht befasst. Hätte es die Frage entscheiden wollen und die Einrede zu Lasten der Klägerin als begründet angesehen, hätte es den Beklagten zur Zahlung aus dem Nachlass verurteilen müssen. Das OLG war zu einer Entscheidung über die Einrede aber nicht verpflichtet.

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