Unzulässigkeit der "Ruhendstellung" einer Kontopfändung gegen den Willen des Drittschuldners
KurzbesprechungAO § 309 Abs. 1, § 257, § 258, § 316 Abs. 3
ZPO § 765a, § 843
Eine Geldforderung wird nach § 309 Abs. 1 AO gepfändet, indem dem Drittschuldner eine Pfändungsverfügung zugestellt wird, in der die Vollstreckungsbehörde ihm schriftlich verbietet, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen (Arrestatorium). Bei der Pfändung des Guthabens eines Kontos des Vollstreckungsschuldners bei einem Kreditinstitut bestimmt sich der Umfang der Pfändung gemäß § 309 Abs. 3 Satz 1 AO nach § 833a ZPO, wobei eine umfassende Pfändung faktisch zu einer Kontosperrung führt, so dass das Girokonto seine Zahlungsfunktion im bargeldlosen Zahlungsverkehr verliert. Dieser besonderen Situation hat der Gesetzgeber durch die Schaffung eines Pfändungsschutzkontos Rechnung getragen, das auf Antrag des Schuldners nach § 850l ZPO eingerichtet werden kann, der neben § 765a ZPO anwendbar ist.
Die Pfändung des Guthabens eines Kontos bewirkt, dass das Kreditinstitut nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Vollstreckungsschuldner zahlen kann. Besondere Verbindlichkeiten gegenüber den Finanzbehörden werden durch die Pfändung jedoch nicht begründet.
Sollen diese Rechtswirkungen einer Pfändung wieder beseitigt und das Pfändungspfandrecht aufgegeben werden, kann dies durch Aufhebung der Pfändungsverfügung und damit des Arrestatoriums erreicht werden. Der BFH hat nun entschieden, dass in einem solchen Fall eine einseitige Modifikation der Pfändungsverfügung unter Aufhebung des Arrestatoriums nach § 309 Abs. 1 AO nicht in Betracht kommt. Denn für eine solche Maßnahme bietet die Vorschrift keine Rechtsgrundlage. Insoweit sind die zu § 765a ZPO ergangenen Rechtsprechungsgrundsätze des BGH entsprechend anzuwenden.
Beraterhinweis: Nach der in § 309 Abs. 1 AO enthaltenen Legaldefinition der Pfändungsverfügung ist das Arrestatorium neben dem an den Vollstreckungsschuldner gerichteten Gebot, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten (Inhibitorium), unverzichtbarer Bestandteil der Pfändung einer Geldforderung. Mit der Aufhebung des Arrestatoriums durch die Vollstreckungsbehörde wird daher die Pfändung aufgehoben und nicht lediglich beschränkt.
BFH, Beschluss vom 16.5.2017 - VII R 5/16, veröffentlicht am 16.8.2017