08.11.2011

Vermieter können auch bei Altverträgen die Mietstruktur einseitig ändern

Mangels einer besonderen Übergangsregelung in Art. 229 § 3 EGBGB ist § 556a BGB, wonach der Vermieter abweichend von der getroffenen mietvertraglichen Regelung befugt ist, einseitig die Mietstruktur zu ändern, wenn die Betriebskosten ganz oder teilweise nach dem Verbrauch oder der Verursachung durch den Mieter erfasst werden, auch auf Altmietverträge uneingeschränkt anwendbar. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Vorschrift des § 556a BGB nicht nur den sparsamen und kostenbewussten Umgang mit Energie fördern, sondern auch mehr Kostengerechtigkeit schaffen wollte.

BGH 21.9.2011, VIII ZR 97/11
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist seit 1979 Mieter der Kläger bzw. deren Rechtsvorgängerin. Für die Vierzimmerwohnung war ursprünglich eine monatliche Kaltmiete von rund 426 DM vereinbart. Nebenkosten waren nicht aufgeführt. Im Dezember 2006 teilten die Kläger dem Beklagten mit, dass sie beabsichtigten, ab dem Jahr 2007 den Wasserverbrauch über einen noch einzubauenden Kaltwasserzähler zu erfassen und verbrauchsabhängig abzurechnen. Außerdem erklärten sie, für die Kosten der Wasserversorgung ab Januar 2007 einen Vorschussbetrag i.H.v. monatlich 43,61 € zu erheben und die Miete um diesen Betrag zu kürzen. Näheres wurde ausführlich dargelegt.

Da der Beklagte die Duldung des Einbaus des Wasserzählers verweigerte, erhoben die Kläger eine in zweiter Instanz erfolgreiche Duldungsklage und ließen im Juli 2008 zwei Kaltwasserzähler in der Wohnung einbauen. Im Mai 2009 erteilten die Kläger dem Beklagten die Wasserabrechnung für Juli bis Dezember 2008, die einen Nachzahlungsbetrag von 408,37 € auswies, und erhöhten den Vorauszahlungsbetrag ab Juli 2009 auf 113,72 €. Mit ihrer Klage begehrten sie später die Zahlung des oben genannten Nachforderungsbetrages, eines weiteren Betrags i.H.v. 420,66 € für die noch nicht vollständig geleisteten Vorschüsse für die Monate Juli bis Dezember 2009 sowie die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete gem. § 558 BGB.

AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger nicht berechtigt seien, einseitig die Mietstruktur zu ändern und die Kaltwasserkosten verbrauchsabhängig auf den Beklagten umzulegen. Denn mangels einer besonderen Übergangsregelung in Art. 229 § 3 EGBGB ist § 556a BGB, wonach der Vermieter abweichend von der getroffenen mietvertraglichen Regelung befugt ist, einseitig die Mietstruktur zu ändern, wenn die Betriebskosten ganz oder teilweise nach dem Verbrauch oder der Verursachung durch den Mieter erfasst werden, auch auf die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am 1.9.2001 bestehenden Mietverhältnisse uneingeschränkt anwendbar.

Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Vorschrift des § 556a BGB nicht nur den sparsamen und kostenbewussten Umgang mit Energie fördern, sondern auch mehr Kostengerechtigkeit schaffen wollte. Die einseitige Änderungsbefugnis des Vermieters gilt auch dann, wenn die Parteien bislang - wie hier - keine oder nur eine teilweise gesonderte Umlage der Betriebskosten vereinbart haben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind Altmietverträge hiervon nicht ausgenommen. Infolgedessen konnte der Anspruch der Kläger gegen den Beklagten auf Zahlung des Nachforderungsbetrags i.H.v. 408,37 € nicht verwehrt werden.

Hinsichtlich der geltend gemachten Vorschusszahlungen für 2009 i.H.v. 420,66 € war durch den Zeitablauf Abrechnungsreife eingetreten. Für diesen Zeitraum können die Kläger Wasserkosten demnach nicht mehr als Vorschuss, sondern nur aufgrund einer Abrechnung verlangen. Insoweit wird den Klägern im weiteren Verfahren Gelegenheit zur Klageumstellung zu gewähren sein. Anders als das LG meinte, steht dem Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete nicht entgegen, dass das Mieterhöhungsverlangen aus Dezember 2009 aus formalen Gründen bereits deshalb unwirksam wäre, weil es von einer unzutreffenden Mietstruktur ausginge. Die Mietstruktur betrifft im Übrigen nicht die Wirksamkeit, sondern die inhaltliche Richtigkeit eines Mieterhöhungsverlangens.

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