17.09.2013

Verstoß gegen § 66 Abs. 1 ZVG ist Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 1 ZVG

Nach einem Abbruch der Bietzeit müssen das geänderte geringste Gebot und die geänderten Versteigerungsbedingungen festgestellt und verlesen werden. Ein Verstoß gegen § 66 Abs. 1 ZVG ist ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 1 ZVG.

BGH 18.7 2013, V ZR 13/13
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 2) betrieb aus dem besten Rang die Zwangsversteigerung des eingangs dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes. Im Versteigerungstermin stellte das AG- Vollstreckungsgericht - das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen fest. Anschließend verlas es die Feststellungen, wies darauf hin, dass mit der Aufforderung zum Bieten weitere Anmeldungen ausgeschlossen würden und forderte dann zum Bieten auf.

Bevor der Schluss der Versteigerung verkündet wurde, bewilligte der Verfahrensvertreter der Beteiligten zu 2) die einstweilige Einstellung des Verfahrens. Nach dem Inhalt des Terminsprotokolls wurden die Bietinteressenten nach einer Neuberechnung des geringsten Gebots ohne erneute Verlesung der geänderten Feststellungen erneut zum Bieten aufgefordert. In der neuen Bietzeit blieb der Beteiligte zu 4) Meistbietender.

Nach Zurückweisung eines Vollstreckungsschutzantrags des Schuldners erteilte das AG dem Beteiligten zu 4) den Zuschlag. Die sofortige Beschwerde des Schuldners blieb vor dem LG ohne Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners hob der BGH die Beschlüsse von AG und LG auf und versagte den Zuschlag auf das in dem Versteigerungstermin abgegebene Meistgebot des Beteiligten zu 4).

Die Gründe:
Die Entscheidung des LG war aufzuheben, weil der Zuschlag dem Beteiligten zu 4) wegen eines Verfahrensfehlers des Vollstreckungsgerichts nicht hätte erteilt werden dürfen, der deshalb nach § 83 Nr. 1, § 101 Abs. 1 ZVG zu versagen ist.

Nach § 100 Abs. 1 ZVG kann die Zuschlagsbeschwerde zwar nicht auf jeden Verfahrensfehler gestützt werden, sondern nur darauf, dass eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a ZVG verletzt oder dass der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt worden ist. Anders als das LG meint, liegt hier aber einer dieser Zuschlagsversagungsgründe vor, nämlich eine Verletzung von § 83 Nr. 1 ZVG. Das AG hat gegen § 66 Abs. 1 ZVG und damit gegen eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verstoßen. Zu diesen Vorschriften gehören nicht nur diejenigen, die den Inhalt des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen regeln, sondern auch die in § 66 Abs. 1 ZVG enthaltenen Bestimmungen darüber, welche verfahrensmäßigen Vorgaben hierbei zu beachten sind, darunter auch die Verpflichtung zur Verlesung der getroffenen Feststellungen vor der Aufforderung zum Bieten im Versteigerungstermin.

Die Verletzung der verfahrensmäßigen Vorgaben für die Feststellung und das Verlesen des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen kann das Ergebnis genauso beeinflussen wie die Verletzung der inhaltlichen Vorgaben für deren Ermittlung. Erst durch die Verlesung erfahren die Beteiligten, welche Feststellungen das Gericht zu dem geringsten Gebot und zu den Versteigerungsbedingungen getroffen hat. Ohne die Verlesung wüssten die Beteiligten nicht, unter welchen Bedingungen danach geboten werden soll. Gerade das soll aber mit der Verlesung erreicht werden, die deshalb auch die Verlesung des geringsten Gebots umfasst. Die Verlesung wird deshalb als integraler Bestandteil der Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen von der in § 83 Nr. 1 ZVG enthaltenen Verweisung auf die Vorschriften darüber erfasst, ohne dass § 66 Abs. 1 ZVG eigens erwähnt werden müsste.

Vorliegend hat das AG gegen § 66 Abs. 1 ZVG verstoßen, indem es nach Feststellung des geänderten geringsten Gebots und der geänderten Versteigerungsbedingungen unmittelbar erneut zum Bieten aufforderte und davon absah, zunächst beides zu verlesen. Ohne eine erneute Verlesung des vollständigen neuen geringsten Gebots und der vollständigen neuen Versteigerungsbedingungen können sich bei den Beteiligten und den Bietinteressenten leicht Missverständnisse darüber einstellen, welche Teile des ursprünglich verlesenen geringsten Gebots und der ursprünglich verlesenen Versteigerungsbedingungen noch gelten und welche davon ersetzt worden sind. Solche Missverständnisse, die sich zum Nachteil des Schuldners auf das Versteigerungsergebnis auswirken können, lassen sich nur vermeiden, wenn das geänderte geringste Gebot und die geänderten Versteigerungsbedingungen vollständig neu verlesen werden.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück