07.01.2013

Vertrauen anwaltlicher Bewerber in die Erheblichkeit der nach Maßgabe der bisherigen Rechtslage erworbenen Qualifikationen ist schutzwürdig

Das Notaramt ist nicht identisch mit dem Amtssitz. Die Landesjustizverwaltung darf im Bereich des Anwaltsnotariats bei ihrer Entscheidung um die Besetzung einer Notarstelle im Fall der Konkurrenz eines bereits amtierenden (Anwalts-)Notars mit Rechtsanwälten, die noch nicht Notare sind, im Hinblick auf die die Änderung des § 6 BNotO zum 1.5.2011 das Vertrauen der anwaltlichen Bewerber in die Erheblichkeit der nach Maßgabe der bisherigen Rechtslage erworbenen Qualifikationen als schutzwürdig betrachten.

BGH 26.11.2012, NotZ(Brfg) 5/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar in A., er hatte sich auf eine ausgeschriebene Notarstelle in B. beworben. Dabei bewarb er sich formal nicht als Notar, sondern lediglich als Rechtsanwalt. Der Beklagte entschied sich gegen den Kläger, wogegen dieser sich wehrte.

Das OLG wies die Klage allerdings ab. Der BGH lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab.

Die Gründe:
Der Antrag war zulässig, jedoch unbegründet.

Die Auswahl nach § 6 Abs. 3 BNotO vollzieht sich unter den Bewerbern, die erst das "Amt des Notars" anstreben. Ein solches Amt hat der Kläger allerdings bereits inne. Das Notaramt ist auch nicht identisch mit dem Amtssitz. Infolgedessen hängt die Entscheidung der Landesjustizverwaltung über die Bewerbung des bereits amtierenden Notars nicht nur von einer Auswahl nach § 6 Abs. 3 BNotO, sondern auch - und vorrangig - davon ab, ob sein Wechsel nach dem Maßstab des § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege in Einklang steht.

Bei der Beurteilung dieser Frage ist der Justizverwaltung ein noch weiterer Ermessenspielraum eingeräumt, als derjenige bei einer reinen Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 BNotO. Dies beruht darauf, dass der bereits amtierende Notar nicht in seiner Berufswahlfreiheit, sondern lediglich in der Freiheit der Berufsausübung. Dass sich der Kläger hier formal nicht als Notar, sondern lediglich als Rechtsanwalt auf die ausgeschriebene Stelle beworben hat, ist dabei unbeachtlich. Denn die Ausgestaltung der Bewerbung ändert nichts daran, dass er bereits das Amt eines Notars ausübt und dementsprechend seine Berufswahlfreiheit nicht berührt wird. Allerdings waren hier sämtliche Erwägungen, die der Beklagte bei seiner Würdigung, ob eine Amtssitzverlegung des Klägers mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege vereinbar ist, angestellt hatte, fehlerfrei.

Der Beklagte hatte im Hinblick darauf, dass sich ab dem 1.5.2011 die fachliche Eignung der Bewerber um ein Notaramt im Bereich des Anwaltsnotariats in der Regel nur nach den Ergebnissen der notariellen Fachprüfung und des die juristische Ausbildung abschließenden Staatsexamens richtet, richtigerweise als tragendes Abwägungskriterium herangezogen, dass die von den anderen konkurrierenden Rechtsanwälten im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage erbrachten fachlichen Leistungen nahezu gegenstandslos würden, wenn der von dem Kläger angestrebten Amtssitzverlegung der Vorzug gegeben würde.

Eine den Regelvorrang für Notarassessoren rechtfertigende ausgeprägte Fürsorgepflicht der Landesjustizverwaltung besteht zwar gegenüber Bewerbern aus der Rechtsanwaltschaft im Bereich des Anwaltsnotariats im Allgemeinen nicht. Die zugunsten der Notarassessoren streitenden Vertrauensgesichtspunkte können im Ausnahmefall jedoch auch im Bereich des Anwaltsnotariats für sich erstmals um ein Notaramt bewerbende Rechtsanwälte eingreifen. Der Beklagte durfte in der vorliegenden besonderen Situation, die sich daraus ergab, dass der Gesetzgeber die Kriterien zur Bemessung der fachlichen Eignung änderte, das Vertrauen der Bewerber in die Erheblichkeit der nach Maßgabe der bisherigen Rechtslage erworbenen Qualifikationen als schutzwürdig betrachten.

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