Wann kann eine Sache bei einer Verbindung aufgrund eines zeitlichen Nutzungsrechtes Scheinbestandteil eines Grundstücks sein?
BGH 7.4.2017, V ZR 52/16Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich eine Windkraftanlage befindet. Er hat es mit notariellem Kaufvertrag vom 12.5.2014 von der ursprünglichen Eigentümerin C. erworben. Deren Ehemann M. hatte die Anlage Mitte der 90er Jahre errichten lassen und die Fläche, auf der die Anlage stehen sollte, nebst Zuwegung von seiner Ehefrau gepachtet. Im Juli 2006 veräußerte er die Windkraftanlage an die Beklagte. Diese pachtete am selben Tag von der C. den Teil des Standortes der Anlage.
Der Kläger war der Ansicht, bei der Anlage handele es sich um einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks. Das LG wies die Klage auf Feststellung, dass er Eigentümer der Windkraftanlage ist, jedoch ab. Sowohl die Berufung vor dem OLG als auch die Revision vor dem BGH blieben erfolglos.
Gründe:
Nach der ständigen BGH-Rechtsprechung erfolgt eine Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck, wenn ihre spätere Aufhebung von Anfang an beabsichtigt ist. Maßgeblich ist der innere Wille des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache. Dieser muss allerdings mit dem äußeren Sachverhalt in Einklang sein. Verbindet ein Mieter, Pächter oder sonst schuldrechtlich Berechtigter eine Sache, insbesondere ein Gebäude, mit dem ihm nicht gehörenden Grundstück, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er dabei nur in seinem eigenen Interesse handelt und nicht zugleich in der Absicht, die Sache nach Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Grundstückseigentümer zufallen zu lassen, also dafür, dass die Verbindung nur vorübergehend - für die Dauer des Vertragsverhältnisses - hergestellt ist.
Infolgedessen hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass es sich bei der Windkraftanlage um einen Scheinbestandteil handelt. Es ging rechtsfehlerfrei davon aus, dass der M. im Zeitpunkt der Errichtung den Willen hatte, die Anlage nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück zu verbinden, weil er sie nach Ablauf der Nutzungsdauer wieder abbauen sollte. Ein solcher Wille war nicht deshalb ausgeschlossen, weil die C. als Sicherheit für das zur Finanzierung der Windkraftanlage dienende Darlehen eine Grundschuld bestellt hatte. Bei diesem Beweisergebnis kommt es auf die von dem Berufungsgericht im Hinblick auf den zwischen den Eheleuten geschlossenen Pachtvertrag ergänzend herangezogene Vermutung nicht an. Aus dessen Existenz ergibt sich allerdings, dass der Wille von M. mit dem äußeren Sachverhalt in Einklang steht.
Dass die Windkraftanlage während ihrer gesamten von den Eheleuten prognostizierten Lebensdauer von 20 Jahren auf dem Grundstück verbleiben sollte, steht der Qualifizierung als Scheinbestandteil i.S.d. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegen. Allerdings wird die Frage, ob eine Sache bei einer Verbindung aufgrund eines zeitlichen Nutzungsrechts Scheinbestandteil eines Grundstücks sein kann, wenn sie für ihre gesamte (wirtschaftliche) Lebensdauer auf dem Grundstück verbleiben soll und bei dem in Aussicht genommenen Vertragsende - wie hier - "verbraucht" sein wird, nicht einheitlich beantwortet.
Der Senat entscheidet die Streitfrage dahingehend, dass eine Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck i.S.d. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil die Sache für ihre gesamte (wirtschaftliche) Lebensdauer auf dem Grundstück verbleiben soll. Nur zu einem vorübergehenden Zweck mit einem Grundstück verbunden ist eine Sache, wenn die Verbindung nach dem Willen des Einfügenden nicht dauernd, sondern nur zeitweilig bestehen soll. Das Zeitmoment bezieht sich dabei nicht auf die wirtschaftliche Lebensdauer der Sache, sondern auf deren Verbindung mit dem Grundstück. Dass § 95 Abs. 1 S. 1 BGB nicht nur von einer "vorübergehenden Verbindung", sondern von einer "Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck" spricht, zwingt nicht zu einem anderen Verständnis.
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