05.08.2016

WEG: Bestimmung des Wertes der Beschwer grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Forderung

Ein Zulässigkeitsgrund ist u.a. dann gegeben, wenn das Berufungsgericht dem Rechtsmittelführer den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung - etwa in einem Fehler bei der Bemessung der Beschwer - unzumutbar erschwert. In Fällen, in denen ein Wohnungseigentümer erfolglos einen Beschluss angefochten hat, durch den der Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung einer Forderung gegen ihn ermächtigt worden war, bestimmt sich der Wert seiner Beschwer grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Forderung.

BGH 9.6.2016, V ZB 17/15
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In einer Eigentümerversammlung im Juli 2013 war unter TOP 3 beschlossen worden, die Verwalterin zur gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen i.H.v. 4.427 € gegen die Kläger zu ermächtigen. Infolgedessen wandten sich die Kläger mit einer Anfechtungsklage gegen diesen und einen weiteren zu TOP 2 ergangenen Beschluss.

Das AG wies die Klage ab. Das LG verwarf die Berufung als unzulässig. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Kläger hob der BGH den Beschluss des LG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück.

Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig. Dieser Zulässigkeitsgrund ist u.a. dann gegeben, wenn das Berufungsgericht dem Rechtsmittelführer den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwert. Dies kann etwa in einem Fehler bei der Bemessung der Beschwer liegen. Voraussetzung dafür ist, dass das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Denn die Bemessung der Beschwer kann auch in dem Verfahren über eine aus anderen Gründen zulässige Rechtsbeschwerde nur in dieser Hinsicht überprüft werden. Hier hat das LG den Klägern den Zugang zu der Berufung deshalb unzumutbar erschwert, weil es die Beschwer aufgrund von rechtlichen Erwägungen bemessen hatte, die das Rechtsschutzziel der Kläger verkannten.

Außerdem durfte die Berufung nicht als unzulässig verworfen werden, weil schon die Abweisung der Anfechtungsklage betreffend den unter TOP 3 gefassten Beschluss die Kläger mit über 600 € beschwert hatte. Maßgebend für den Wert des Beschwerdegegenstands ist das Interesse des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils; dieses ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Dabei ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren allein auf die Person des Rechtsmittelführers, seine Beschwer und sein Änderungsinteresse abzustellen. Hiervon ausgehend hatte das Berufungsgericht die Beschwer der Kläger rechtsfehlerhaft bemessen.

Das Interesse der Kläger, den Beschluss der Wohnungseigentümer zu TOP 3 für ungültig erklären zu lassen, bestand nicht in der Abwehr einer möglichen anteilsmäßigen Belastung mit Prozesskosten, sondern lag in der Verhinderung der gerichtlichen Geltendmachung der gegen sie gerichteten Forderung. Zu der Erhebung einer Klage im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist der Verwalter nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG nämlich nur berechtigt, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit ermächtigt war. Gelänge es den Klägern, die Ermächtigung der Verwalterin als Voraussetzung für eine Klageerhebung zu beseitigen, könnten die Beklagten die Forderung nicht geltend machen. Denn hat ein Wohnungseigentümer erfolglos einen Beschluss angefochten, durch den der Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung einer Forderung gegen ihn ermächtigt worden war, bestimmt sich der Wert seiner Beschwer grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Forderung. Somit waren die Kläger bereits wegen der in Bezug auf TOP 3 abgewiesenen Anfechtungsklage i.H.v. 4.427 € beschwert.

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