27.02.2012

WEG-Verwalter zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung berechtigt und verpflichtet

Dritten, die die eidesstattliche Versicherung für einen Schuldner abgeben sollen, sich dazu aber nicht für berechtigt oder verpflichtet halten, steht ein Widerspruchsrecht zu. Der Verwalter ist berechtigt und verpflichtet, die eidesstattliche Versicherung für die Wohnungseigentümergemeinschaft abzugeben.

BGH 22.9.2011, I ZB 61/10
Der Sachverhalt:
Die Schuldnerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, wurde durch Versäumnisurteil des AG verurteilt, an die Gläubigerin 1.235 € zzgl. Zinsen und Mahnkosten zu zahlen. Die Gläubigerin betreibt wegen dieser Forderung die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin, deren Verwalterin die Widersprechende ist.

Auf Antrag der Gläubigerin lud die Gerichtsvollzieherin den Vorstand der Widersprechenden, Frau A, unter Haftandrohung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für die Schuldnerin. Die Widersprechende hat geltend gemacht, der Verwalter sei weder berechtigt noch verpflichtet, eine eidesstattliche Versicherung für die Wohnungseigentümergemeinschaft abzugeben.

Das AG wies den Widerspruch zurück. Das LG wies die sofortige Beschwerde der Widersprechenden mit Beschluss des Einzelrichters zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur neuen Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die angefochtene Einzelrichterentscheidung war aufzuheben, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen

Das LG wird nun zu berücksichtigen haben, dass der Widerspruch der Verwalterin im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung statthaft war (§ 900 Abs. 4 ZPO). Zwar war sie am Vollstreckungsverfahren weder als Gläubigerin noch als Schuldnerin beteiligt. Zum Widerspruch im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist jedoch auch ein Dritter berechtigt, wenn er geltend machen kann, durch die Verpflichtung zur Abgabe der Versicherung in eigenen Rechten betroffen zu sein. Denn Dritten, die die Versicherung für einen Schuldner abgeben sollen, sich dazu aber nicht für berechtigt oder verpflichtet halten, steht das in der Spezialregelung des § 900 Abs. 4 ZPO geregelte Widerspruchsrecht zu. Etwas anderes wäre mit dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) unvereinbar.

Ist die Widersprechende Verwalterin, so hat das LG sie im Ergebnis zu Recht für verpflichtet gehalten, die eidesstattliche Versicherung für die Wohnungseigentümergemeinschaft abzugeben. Nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG ist der Verwalter u.a. berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbes. einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Rechtsstreit gem. § 43 Nr. 5 WEG im Vollstreckungsverfahren zu führen. Kommt es aufgrund einer derartigen Klage eines Dritten zu einem Vollstreckungsverfahren gegen die Gemeinschaft, so ist der Verwalter schon nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG berechtigt, die Gemeinschaft dabei zu vertreten. Teil des Vollstreckungsverfahrens ist auch die eidesstattliche Versicherung gem. §§ 899 ff. ZPO.

Der Verwalter ist zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft in einem gegen diese gerichteten Vollstreckungsverfahren gehört zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Verwalters. Das umfasst auch die Erfüllung gesetzlicher Pflichten, die damit im Zusammenhang stehen. Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerde dagegen ein, anders als im Fall des § 27 Abs. 1 WEG werde der Verwalter in Abs. 3 dieser Vorschrift zu den dort aufgeführten Maßnahmen nicht "berechtigt und verpflichtet", sondern nur "verpflichtet". Es widerspräche dem Sinn und Zweck der Vorschrift, könnte der Verwalter von den einzelnen Befugnissen nach seinem Belieben Gebrauch machen.

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