22.03.2012

Wegerecht bleibt auch bei Erlöschen eines Erbbaurechts bestehen

Mit dem Erlöschen des Erbbaurechts werden für den jeweiligen Erbbauberechtigten bestellte Grunddienstbarkeiten mit dem Inhalt von Wege- und Leitungsrechten Bestandteile des Erbbaugrundstücks. Für diese Ansicht spricht neben dem Wortlaut die Tatsache, dass dadurch der wirtschaftliche Zweck verwirklicht wird, der mit dem Übergang des Eigentums am Bauwerk auf den Grundstückseigentümer beim Erlöschen des Erbbaurechts herbeigeführt werden sollte.

BGH 17.2.2012, V ZR 102/11
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eigentümer eines Reihenhausgrundstücks. Den Beklagten gehört das benachbarte Reihenhausgrundstück. Dieses war mit einem Erbbaurecht belastet. Zugunsten des jeweiligen Erbbauberechtigten lastete auf dem Grundstück der Kläger eine Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Wegerechts. Im Jahr 2005 erwarben die Beklagten sowohl das Grundstück als auch auf diesem lastende Erbbaurecht. Sie hoben letzteres auf. Die Eintragung im Grundbuch wurde gelöscht.

Im Jahr 2009 beantragten die Kläger bei dem Grundbuchamt, das eingetragene Wegerecht zugunsten des jeweiligen Erbbauberechtigten zu löschen. Die Beklagten erteilten allerdings keine Löschungsbewilligung. Aufgrund einer Entscheidung des LG im Grundbuchbeschwerdeverfahren kam es doch noch zu einer Löschung vor. Daraufhin verlangten die Kläger von den Beklagten verlangt, es zu unterlassen, ihr Grundstück zu betreten oder dies ihren Kindern zu gestatten.

Das AG gab der Unterlassungsklage statt; das LG wies sie ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Dem von den Klägern geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB stand das für den jeweiligen Erbbauberechtigten bestellte Wegerecht entgegen.

Materiell-rechtlich war das als Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB bestellte Wegerecht nicht erloschen. Zwar konnte das Recht infolge der Aufhebung des Erbbaurechts nicht mehr als dessen Bestandteil fortbestehen. Denn die für den Inhaber eines Erbbaurechts bestellte Grunddienstbarkeit ist nach § 96 BGB ein wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts. Mit dessen Aufhebung gem. § 875 BGB, § 26 ErbbauRG kann eine Grunddienstbarkeit nicht mehr als dessen Bestandteil fortbestehen. Das LG ging jedoch zutreffend davon aus, dass die für ein Wegerecht bestellte Grunddienstbarkeit nach § 12 Abs. 3 ErbbauRG mit dem Erlöschen des Erbbaurechts Bestandteil des Erbbaugrundstücks wurde.

Diese Vorschrift bestimmt, dass mit dem Erlöschen des Erbbaurechts die Bestandteile des Erbbaurechts Bestandteile des Grundstücks werden. Ob die Norm über die mit dem Erbbaugrundstück verbundenen Sachen hinaus, die gem. § 12 Abs. 1 und 2 ErbbauRG in Verbindung mit § 94 BGB Bestandteile des Erbbaurechts sind, auch die in § 96 BGB bezeichneten Rechte erfasst, ist zwar streitig. Der Senat schließt sich allerdings der Auffassung an, die § 12 Abs. 3 ErbbauRG so versteht, dass alle Bestandteile des Erbbaurechts mit dem Erlöschen des Erbbaurechts Bestandteile des Erbbaugrundstücks werden.

Für diese Ansicht spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift, da auch die subjektiv-dinglichen Rechte nach § 96 BGB als Bestandteile des Erbbaurechts anzusehen sind. Diese Auslegung trägt - jedenfalls soweit es um Grunddienstbarkeiten für Wege- und Leitungsrechte geht - dazu bei, den wirtschaftlichen Zweck zu verwirklichen, der mit dem Übergang des Eigentums am Bauwerk auf den Grundstückseigentümer beim Erlöschen des Erbbaurechts herbeigeführt werden sollte.

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