27.04.2011

Wohnungseigentum: Zum Recht auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen und zum Anspruch auf Auskunft zu Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan

Das Recht des Wohnungseigentümers auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen ist grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Verwalters auszuüben. Der gegen den Verwalter gerichtete Anspruch auf Auskunft zur Jahresabrechnung und zum Wirtschaftsplan steht allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu; erst wenn sie davon trotz Verlangens eines einzelnen Eigentümers keinen Gebrauch machen sowie bei ausschließlich den einzelnen Wohnungseigentümer betreffenden Angelegenheiten, kann dieser allein die Auskunft verlangen. 

BGH 11.2.2011, V ZR 66/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger bewohnt als Eigentümer eine Wohnung in einer von der Beklagten verwalteten Wohnungseigentumsanlage. Zwischen Dezember 2005 und Januar 2009 wandte er sich mit 98 Schreiben an die Beklagte und bat um schriftliche Auskunft zu Fragen der Verwaltung. Die Beklagte beantwortete die Fragen. Sie übersandte dem Kläger auch - teils gegen Kostenerstattung - von ihm angeforderte Ablichtungen einzelner Unterlagen.

An Eigentümerversammlungen hat der Kläger, seitdem die Beklagte Verwalterin ist, nicht teilgenommen. Nunmehr verlangt der Kläger die Übersendung von Ablichtungen näher bezeichneter Verwaltungsunterlagen, hilfsweise gegen Kostenerstattung, sowie Auskunft zur Jahresabrechnung 2007, zum Wirtschaftsplan 2009 und zu weiteren Verwaltungsangelegenheiten.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG hat zu Recht einen Anspruch auf Anfertigung und Zusendung von Ablichtungen von Verwaltungsunterlagen - auch gegen Kostenerstattung - verneint. Das Informationsrecht des Klägers wird ausreichend dadurch gewahrt, dass er die Unterlagen in den Geschäftsräumen der Beklagten einsehen und dort - auf eigene Kosten - Ablichtungen anfertigen (lassen) kann.

Als Wohnungseigentümer hat der Kläger nach §§ 675, 666 BGB i.V.m. dem Verwaltervertrag einen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen. An welchem Ort der Verwalter die Einsichtnahme zu gewähren hat, richtet sich nach den Regelungen in § 269 Abs. 1 und 2 BGB. Danach hat eine Leistung dann, wenn der Leistungsort weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, am Wohnsitz des Schuldners bzw. am Ort seiner Niederlassung zu erfolgen. Fehlt es - wie hier - an einer Vereinbarung über den Leistungsort, kann dieser somit nur dann der Ort der Wohnungseigentumsanlage sein, wenn sich dies aus den Umständen, insbes. aus der Natur der rechtlichen Beziehungen zwischen dem Verwalter und den Wohnungseigentümern, ergibt.

Das ist jedoch - entgegen der von dem Kläger letztendlich vertretenen Auffassung - nicht der Fall. Der Schwerpunkt der Verwaltertätigkeit liegt nicht am Ort der Wohnungseigentumsanlage. Dort sind lediglich die zur Instandhaltung der Anlage erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, ausgeführte Arbeiten zu prüfen, Verhandlungen mit Handwerkern und Behörden zu führen sowie die Einhaltung der Hausordnung zu überwachen; die darüber hinausgehenden Aufgaben des Verwalters, die in §§ 21 Abs. 5, 27 Abs. 1 bis 3 WEG aufgeführt sind, werden üblicherweise in seinen Geschäftsräumen erledigt. Sie bilden den Schwerpunkt der Verwaltung. Grundsätzlich ist das Einsichtsrecht deshalb in den Geschäftsräumen des Verwalters zu gewähren.

Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat das LG einen Anspruch auf Erteilung von Auskünften über Positionen in der Jahresabrechnung 2007, in der Wohngeldabrechnung 2007 und im Wirtschaftsplan für das Jahr 2009 verneint. Bei diesem gegen den Verwalter gerichteten Anspruch auf Auskunft (§ 28 Abs. 3 und 5 WEG) handelt es sich nicht um einen individuellen Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers, sondern um einen allen Wohnungseigentümern als unteilbare Leistung zustehenden Anspruch. Machen die Wohnungseigentümer in der Wohnungseigentümerversammlung von ihrem Auskunftsrecht keinen Gebrauch, steht der Auskunftsanspruch allerdings jedem einzelnen Wohnungseigentümer zu. Außerdem besteht ein Individualanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers dann, wenn sich das Auskunftsverlangen auf Angelegenheiten bezieht, die ausschließlich ihn betreffen.

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Auskunftsanspruch zu. Dass sich sein Verlangen auf ein allein ihm zustehendes Recht bezieht, macht er - zutreffend - nicht geltend. Dass er in einer Versammlung der Wohnungseigentümer die Auskunft verlangt hat und die übrigen Wohnungseigentümer dieses Verlangen nicht an die Beklagte herangetragen haben, ist ausgeschlossen; denn der Kläger hat, seitdem die Beklagte Verwalterin ist, an keiner Eigentümerversammlung teilgenommen.

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