04.11.2011

Wohnungseigentum: Zur zweckwidrigen Nutzung als Wohnung

Die Nutzung als Wohnung ist zweckwidrig, wenn nach der Teilungserklärung ein Verkaufsladen und nach dem Aufteilungsplan die Nutzung als Abstell- und Hobbyräume vorgesehen ist und die baulichen Gegebenheiten nicht die Voraussetzungen für eine Wohnungsnutzung bieten. Die durch den Abschluss des Mietvertrages begründete Haftung des Eigentümers als mittelbarer Handlungsstörer besteht auch nach der Kündigung des Mietvertrages weiter.

OLG Frankfurt a.M. 27.7.2011, 20 W 319/08
Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Anwesen wurde durch Teilungserklärung aus dem Jahr 1973 in Sondereigentumseinheiten aufgeteilt. Danach war die Einheit Nr. 31 als Verkaufsladen aufgeführt. In dem der Teilungserklärung beigefügten Aufteilungsplan für das Kellergeschoss wurde die Einheit als Hobby- und Abstellräume ausgewiesen.

Die Antragsgegner sind seit 2006 Eigentümer der Einheit. In der Beschreibung des Immobilienmaklers war das Objekt als renoviertes "Wohn-Büro" bezeichnet worden. Tatsächlich wurde die Einheit von den Voreigentümern mit einem Duschbad und einer Küche ausgestattet. Zudem wurde in der Küche ein Fenster zum Lichtschacht eingebaut. Die Deckenhöhe der Einheit beträgt 2,34 m, im Bad 1,84 m. Die Stromleitungen für die Küche wurden über den im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Fahrradraum installiert, wobei die Stromkabel offen auf der Wand liegen. Ende 2006 vermieteten die Antragsgegner die Einheit zu Wohnzwecken an einen Dritten. Im März 2007 kündigten die Antragsgegner das Mietverhältnis fristlos.

Die Antragstellerin vertrat die Auffassung, nach der Teilungserklärung sei eine Wohnnutzung ausgeschlossen. Eine baurechtliche Genehmigung zur Wohnnutzung würde nicht erteilt werden, da Bad und Küche keine ordentliche Entlüftung hätten und die Deckenhöhe nicht den bauordnungsrechtlichen Vorschriften entspreche. Durch die Wohnnutzung entständen Störungen und Gefahren für die Bausubstanz. Sie forderte die Antragsgegner auf, die Einheit nicht zu Wohnzwecken zu nutzen und die Elektroleitungen im Fahrradkeller zu entfernen.

Das AG gab dem Antrag auf Unterlassung statt. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Antragsgegner blieben in allen Instanzen erfolglos. Eine Räumungsklage war bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem LG noch nicht erhoben worden.

Gründe:
Die Antragsgegner bzw. ihr Mieter, für den sie insoweit einzustehen haben, sind nicht berechtigt, das betroffene Teileigentum in der gegebenen Art und Weise als Wohnung zu nutzen. Sie sind deshalb zur Unterlassung gem. §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, 15 Abs. 3, 14 Ziff. 1 WEG verpflichtet.

Jeder Wohnungs- und Teileigentümer ist zwar berechtigt, mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben zu verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, § 13 Abs. 1 WEG. Derartige Rechte können sich namentlich aus Gebrauchsregelungen der Eigentümer i.S.d. § 15 Abs. 1 WEG ergeben. Insoweit kommen Vereinbarungen gem. § 10 Abs. 2 S. 2 WEG und damit auch in der Teilungserklärung getroffene Regelungen, §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 S. 1 WEG, in Betracht. Dies ist etwa der Fall bei Nutzungsbeschränkungen in der Teilungserklärung, denen der Charakter einer Vereinbarung zukommt.

Räume, die zum Sondereigentum gehören, können abweichend von ihrem Bestimmungszweck nur dann anders genutzt werden, wenn die andersartige Nutzung nicht mehr stört oder beeinträchtigt als die bestimmungsgemäße. Das größere Störpotential der Nutzung der Einheit Nr. 31 als Wohnung gegenüber einer Nutzung als Abstell- bzw. Hobbyraum ergab sich schon daraus, das Letztere wie auch sonstige Nebenräume bei einer Wohnung nicht zu dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Im Vergleich zu einem Verkaufsladen stört eine Wohnnutzung schon deshalb mehr, weil diese nicht auf die mit einer Wohnnutzung zwingend verbundenen Erfordernisse der Essenszubereitung, Textilpflege und Köperhygiene ausgelegt sind. Bei einer Wohnnutzung im üblichen Umfang ist das Gemeinschaftseigentum der Gefahr von durch mangelnde Entlüftung verursachten Feuchtigkeitsschäden und anschließender Schimmelbildung ausgesetzt.

Die durch den Abschluss des Mietvertrages begründete Haftung der Antragsgegner als mittelbarer Handlungsstörer bestand auch nach der Kündigung des Mietvertrages weiter. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr war schon deshalb gegeben, da die Antragsgegner zwar ihrem Mieter gekündigt hatten, bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem LG aber keine Räumungsklage erhoben worden war. Somit bestand die auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen durch die Fortsetzung der Wohnnutzung.

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