08.04.2016

Wohnungseigentümergemeinschaften sind für gemeinschaftsbezogene Pflichten der Wohnungseigentümer passiv prozessführungsbefugt

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist für gemeinschaftsbezogene Pflichten der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 WEG kraft Gesetzes passiv prozessführungsbefugt. Was unter Wahrnehmung der gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer im Sinne der genannten Vorschrift zu verstehen ist, wird nicht in jeder Hinsicht einheitlich beurteilt.

BGH 11.12.2015, V ZR 180/14
Der Sachverhalt:
Die Kläger und die Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft sind Grundstücksnachbarn im Saarland. Die Kläger hatten von der Beklagten die Beseitigung eines Holzflechtzaunes vor ihrem Gartenhaus verlangt. Diesen Antrag erklärten sie nach Entfernung des Zauns für in der Hauptsache erledigt. Die Beklagte hat sich dieser Erklärung mit der Begründung nicht angeschlossen, sie sei nicht passivlegitimiert, der Anspruch sei verjährt.

AG und LG stellten fest, dass sich der Antrag in der Hauptsache erledigt hatte. Auf die Revision der Beklagten, mit der diese weiterhin die Abweisung der Klage erreichen wollte, hob der BGH das Urteil des LG im Kostenpunkt und insoweit auf, als die Berufung hinsichtlich des Klageantrags zur Beseitigung des Zauns zurückgewiesen worden war. Im Umfang der Aufhebung wurde die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Die Gründe:
Zwar war die Beklagte zur Beseitigung des Zauns verpflichtet. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen trugen aber seine weitere Annahme nicht, der Anspruch sei nicht verjährt gewesen.

Die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB lagen bei der Entfernung des Zauns vor. Das Aufstellen des Zauns auf dem Grundstück der Kläger war eine Eigentumsstörung, die diese nicht zu dulden hatten. Die Einfriedung eines Grundstücks muss nach § 44 Abs. 1 u. 2 NachbG SL selbst dann auf dem eigenen Grundstück, allenfalls auf der Grenze angebracht werden, wenn der Nachbar eine Einfriedung verlangt und sie unter den weiteren Voraussetzungen des § 43 NachbG SL angebracht werden muss. Sie darf jedenfalls nicht zur Gänze auf dem Grundstück des Nachbarn stehen.

Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft konnte auch auf Beseitigung des Zauns in Anspruch genommen werden. Denn eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist für gemeinschaftsbezogene Pflichten der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 WEG kraft Gesetzes passiv prozessführungsbefugt. Was unter Wahrnehmung der gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer im Sinne der genannten Vorschrift zu verstehen ist, wird nicht in jeder Hinsicht einheitlich beurteilt. Nach nahezu einhelliger Ansicht besteht diese Pflicht des Verbands nicht nur im Innenverhältnis gegenüber den Wohnungseigentümern, sondern auch im Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern. Hier kam es allein darauf an, ob eine passive Prozessführungsbefugnis des Verbands überhaupt bestand, und davon war auszugehen.

Nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ließ sich aber nicht ausschließen, dass die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung begründet und diese nach § 214 Abs. 1 BGB nicht mehr zur Beseitigung des Zauns verpflichtet war. Das LG wird in der neuen Verhandlung feststellen müssen, wann der Zaun errichtet worden und wann die Kläger von diesem Umstand Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig nicht erlangt hatten. Wenn der Beklagten der Nachweis nicht gelingen sollte, dass diese Umstände bis zum Ablauf des Jahres 2006 eingetreten waren, ginge das zu ihren Lasten.

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