04.06.2012

Wohnungserbbauberechtigte - Wohnungseigentümer - können sich auch durch mehrere Bevollmächtigte vertreten lassen

Ein Wohnungserbbauberechtigter (Wohnungseigentümer) kann sich bei der Ausübung seines Stimmrechts auch durch mehrere Bevollmächtigte vertreten lassen. Macht die Teilungserklärung allerdings die Gültigkeit von Beschlüssen u.a. von der Unterzeichnung des Protokolls von zwei Wohnungserbbauberechtigten abhängig, muss das Protokoll von zwei verschiedenen natürlichen Personen unterzeichnet werden, die entweder selbst Wohnungserbbauberechtigte sind oder für sich oder andere Berechtigte handeln.

BGH 30.3.2012, V ZR 178/11
Der Sachverhalt:
Die Wohnungserbbauberechtigten hatten im vorliegenden Fall mehrheitlich den Beschluss gefasst, die Verwalterin der Anlage für die Zeit von Januar 2011 bis Ende Dezember 2015 weiter zu bestellen und den Vertrag zu verlängern. Die Klägerinnen fochten die Beschlüsse an und meinten, diese seien mangels ordnungsgemäßen Protokolls nicht gültig. Einige Wohnungserbbauberechtigte seien zudem nicht wirksam vertreten gewesen.

Die Teilungserklärung legt in § 12 Nr. 4 fest, dass die Versammlung beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte der Wohnungserbbauberechtigtenanteile vertreten ist, und dass sich die Wohnungserbbauberechtigten nur durch die Verwaltung, den Ehegatten oder einen anderen Wohnungserbbauberechtigten vertreten lassen dürfen. Außerdem ist das Protokoll vom Verwalter und von zwei Wohnungserbbauberechtigten zu unterzeichnen. Das Protokoll wurde letztlich von der Verwalterin und der Vorsitzenden des Beirats der Anlage unterzeichnet. Letztere ist Geschäftsführerin von drei GmbHs, die Wohnungserbbauberechtigte sind. Sie war von mehreren Wohnungserbbauberechtigten bevollmächtigt worden.

AG und LG erklärten die Beschlüsse für ungültig. Die Revision der übrigen Wohnungserbbauberechtigten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Versammlung letztlich beschlussfähig und das Quorum von mehr als der Hälfte der Wohnungserbbauberechtigtenanteile nicht deshalb verfehlt worden, weil einige Wohnungserbbauberechtigten nicht vertreten waren. Schließlich kann jeder Wohnungserbbauberechtigte zu seiner Vertretung in der Versammlung nicht nur eine Person bevollmächtigen. Er darf vielmehr auch mehreren Personen eine entsprechende Vollmacht erteilen, z.B. einer Rechtsanwaltssozietät oder mehreren Prokuristen. Diese können nur einheitlich abstimmen, wenn sie gleichzeitig in der Versammlung anwesend sind, was hier aber nicht zu beanstanden war.

Zwar sah § 12 Nr. 4 S. 2 der Teilungserklärung vor, dass sich die Wohnungserbbauberechtigten nur durch die Verwaltung, den Ehegatten und einen anderen Wohnungserbbauberechtigten vertreten lassen dürfen. Bei der gebotenen nächstliegenden Auslegung ließ sich dieser Regelung aber nicht entnehmen, dass die Wohnungserbbauberechtigten gezwungen werden sollten, aus dem beschränkten Kreis der als Vertreter in Betracht kommenden Personen stets nur eine zu bevollmächtigen. Zudem sind Beschränkungen bei der Erteilung von Vollmachten als Ausnahmeregelung grundsätzlich eng auszulegen.

Das Berufungsurteil erwies sich allerdings aus einem anderen Grund als richtig. Schließlich war das Protokoll nur von der Verwaltung und der Beiratsvorsitzenden unterzeichnet worden. Diese war zwar Geschäftsführerin von Gesellschaften mit Wohnungen in der Anlage und konnte deshalb als Wohnungserbbauberechtigte das Protokoll unterzeichnen. Das genügte aber den Anforderungen der Teilungserklärung nicht. Danach war die Unterzeichnung des Protokolls durch zwei Wohnungserbbauberechtigte erforderlich. Doch daran fehlte es, da die Beiratsvorsitzende Geschäftsführerin von mehreren Gesellschaften mit Wohnungen in der Anlage ist und für jede dieser Gesellschaften das Protokoll unterschreiben könnte.

Ein solches Vorgehen wird zwar auch bei einer sog. qualifizierten Protokollierungsklausel für zulässig gehalten, die die Teilungserklärung hier enthielt. Es widerspricht aber dem Sinn einer solchen Regelung und ist deshalb unzulässig. Die Regelung orientiert sich erkennbar an dem Vier-Augen-Prinzip, das etwa im Bankwesen verbreitet ist. Das Wesensmerkmal ist, dass der zu unterzeichnende Text - hier das Protokoll - von zwei Personen unabhängig voneinander gelesen und auf seine Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit hin überprüft wird und Fehler so eher auffallen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn bei der Unterzeichnung des Protokolls eine Vertretung von mehreren Wohnungseigentümern durch eine einzige natürliche Person möglich wäre.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück